Sonntag, 27. November 2011

2. Kapitel Teil 7 - Die Arena

Syrill und Melton schlenderten über den Markt. Die meisten Stände hatten bereits eine kleine Weile geöffnet, doch der Andrang war zurzeit überschaubar. Noch war das Fest ja auch nicht offiziell eröffnet. Das sollte erst morgen, zur Mittagsstunde geschehen. Daher konnten es sich die beiden Brüder auch erlauben, auf Erkundungstour zu gehen. Die nächste Vorstellung ihrer Truppe sollte erst wieder am frühen Abend stattfinden.
Wie sich zeigte, gab es hier für jeden Beutel etwas. Dementsprechend vielfältig waren auch die Stände. Von einfachen Zelten, mit duftenden Kräutern in der Auslage, zu massiven, extravaganten Holzverschlägen, mit funkelnden Schmuckstücken und entsprechender schwerer Bewachung. Bei einigen von diesen ungewöhnlichen Bauten war Syrill sich sicher, dass diese extra nur für dieses Fest, von einheimischen Ladenbesitzern errichtet worden waren. Wobei er schon fahrende Händler erlebt hatte, die in ihrer Aufwändigkeit, manchem hier Gebotenen nur wenig nachstanden. Sein geschultes Auge sah aber recht schnell, welche Art von Stand einem regelmäßigem Auf- und Abbau standhalten würde und welches Ungetüm, wohl eher abgerissen werden musste, um es vernünftig wieder von diesem Platz zu bekommen.
Doch trotz der schieren Menge an Angebotenem, konnte sie nichts so richtig begeistern. Auch waren ihre finanziellen Möglichkeiten eher bescheiden. So machten sie direkt einen Bogen, wenn der jeweilige Stand bereits mit einem Leibwächter, das mögliche, ernsthafte Klientel aussortierte. Die Vergnügungsattraktionen hatten, wie die Jungen zu ihrer Enttäuschung feststellen mussten, ebenfalls zu dieser Stunde ihren Betrieb noch nicht aufgenommen und so genehmigten sie sich am Ende jeder einen Schmalzkuchen. Das süße Gebäck aus der gewaltigen Pfanne, in der das siedende Schweinefett nur so schäumte, wenn der flüssige Teig hinein gegossen wurde, roch auch wirklich zu verlockend. Danach machten sie sich langsam auf den Weg zurück.
Sie waren noch nicht allzu weit gekommen, als ein lauter Schrei sie innehalten lies. Der tief dröhnende Laut kam offensichtlich von hinter einer Art Tribüne her. Ein einfaches hölzernes Gebilde war errichtet worden, um den Zuschauern einen besseren Blick auf das zu ermöglichen, was sich dahinter abspielte. Wenige Schritte weiter war ein Aufgang, der zu den erhöhten Sitzreihen führte. Dort angelangt, sahen sie vor sich einen rechteckigen Platz, der von ihrer und zwei weiteren Tribünen eingerahmt wurde. Auf der letzten Seite war er offen, so dass man von dort bequem den Platz betreten konnte. Die Sitzplätze waren nur von wenigen Besuchern besetzt, die wohl ebenfalls nur die Neugier her gelockt hatte. Syrill und Melton suchten sich einen Platz weit vorne, um einen besseren Blick auf das zu erhalten, was sich dort abspielte.
Es waren mehrere, unterschiedlich hohe und massiv aussehende Steinsockel auf dem Platz verteilt. Auf dem Boden um jeden der Sockel, waren sechs verschieden große Steinkugeln angeordnet, von denen man keine als klein bezeichnen konnte. Dazwischen standen oder liefen mehrere Gestalten umher, die scheinbar nur aus Muskeln zu bestehen schienen.
„Puh.“, machte Melton. „Da könnte sich ja sogar Marius noch eine Scheibe von abschneiden.“ Er hatte noch nie solch muskulöse Körper gesehen.
Nicht alles waren Menschen, die dort unten die Aufgabe, die es während der Wettkampftage zu meistern galt, besahen und sich auch bereits daran versuchten. Einer der Athleten hatte den Kopf eines Bisons, ein anderer zwar menschliche Gesichtszüge, aber dennoch zwei gewaltige gedrehte Hörner, die an einen Widder erinnerten. Dieser umgriff gerade eine der größeren Kugeln und mühte sich, diese auf den Sockel zu heben. Mit einem tiefen Grunzen, das in einen lauten Schrei überging schaffte er es schließlich auch. Sein nackter Oberkörper glitzerte vom Schweiß, der ihm in Strömen aus den Poren trat.
Die meisten der Männer dort unten trugen nur wenig, was ihren Oberkörper hätte verhüllen können, so als wollten sie sich gegenseitig bereits, allein mit der schieren Muskelfülle beeindrucken und einschüchtern. Nur einer stach hierbei deutlich aus der Menge hervor, indem er darauf scheinbar keinen Wert legte. Trotzdem war sein Anblick für Syrill und Melton nicht minder beeindruckend.
„Dass der sich nicht ständig selbst weh tut. Und was ist das für ein Ungetüm, das er da auf dem Kopf trägt?“
Sie beobachteten den Zwerg in der ungewöhnlichen Rüstung, die dieser trotz der baldigen Mittagshitze trug. Scheinbar mühelos war er gerade dabei, einen der Steine vom Boden auf eines der kleineren Podeste zu hieven. Tatsächlich vollführte er das mit soviel Schwung, dass die Kugel erst gar nicht in der Vertiefung des Sockels liegen blieb, sondern sofort wieder auf der anderen Seite herunter polterte.
„He da. Pass gefälligst auf, du dämlicher Ochse!“, rief einer der Männer, dem die Kugel fast über den Fuß gerollt wäre.
„Oh, oh. Das hätte er besser nicht sagen sollen. Schau mal da rüber.“, lenkte Melton Syrills Aufmerksamkeit nach links.
Der alle auf dem Platz, um mindestens eine Kopfgröße überragende Hüne mit dem Bisonkopf, hatte sich dem Mann zugewandt.
Laut genug, dass es der ganze Platz hören konnte, röhrte dieser wutentbrannt: „Wen nennst du hier dämlicher Ochse?“
In die verdutzte Sprachlosigkeit des Mannes, rief da der Zwerg plötzlich: „Na, ist das nich' offensichtlich? Aber ich werd das schon regeln.“, und trat damit einen Schritt zur Seite, um den Sockel zu umrunden.
„Einen Dreck wirst du!“ Der Bisonkopf, der auch diesen Ausspruch wohl missgedeutet hatte, explodierte förmlich, sprang nach vorne, an dem Zwerg vorbei und erreichte mit nur wenigen Schritten den völlig perplexen Mann.
Innerhalb weniger Lidschläge war dort die wildeste Keilerei ausgebrochen, die die Jungen je gesehen hatten. Scheinbar war der Angegriffene des Bisonkopfes nicht allein hier, denn selbstlos und kurzentschlossen griff ein neben ihm stehender und recht ähnlich aussehender junger Mann in den Kampf mit ein. Der Zwerg, der sich offensichtlich seines Frühsports beraubt sah, warf sich ebenfalls lautstark protestierend dazwischen und riss dabei, einen weiteren bisher völlig Unbeteiligten einfach mit. Am Ende war so ziemlich der gesamte Platz verwickelt.

Der neue Teil folgt im laufe der kommenden Woche.

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