Dienstag, 22. November 2011

2. Kapitel Teil 6 - Eindrücke

Da seh ich doch gerade zu meiner Schande, dass es den neuen Teil nicht richtig hoch geladen hatte. Asche auf mein Haupt. Hier also etwas verspätet die Fortsetzung.

Syrill und Melton schufteten ebenso wie alle anderen. Sie verschraubten Balken, die die erwachsenen Männer hielten und fädelten dünne Lederschnüre durch die Ringe in den Streben für den Vorhang. Mehrere bemalte Leinwände, als Hintergrund für die jeweilige Vorführung, mussten in die am Boden vorgesehenen Schächte eingesetzt werden. Hastor war zu recht sehr stolz auf seine, überwiegend eigene, Konstruktion, die sich auch deutlich von anderen Theatergruppen abhob. Manche, die sich bereits an Nachbauten versucht hatten, waren am Ende an sich verhedderten Schnüren und anderen Problemen gescheitert.
Als die Bühne endlich stand, war es bereits später als geplant. Die Männer und Frauen hatten nur noch kurz Zeit, für eine schnelle Erfrischung und warfen sich dann auch bereits in ihre Kostüme. Die Jungen waren normalerweise für die Bedienung der verschiedenen beweglichen Bühnenbilder verantwortlich, doch da dieses Mal keine vollständige Geschichte erzählt wurde und diverse Bilder nur im Kontext einer solchen einen Sinn ergab, konnten sie sich überwiegend auf das Zureichen der Requisiten beschränken. Hastor wusste, dass kaum einer der vielen Schaulustigen sich eine komplette Vorstellung ansehen würde. Nicht, wenn aus allen Richtungen um die Gunst der Besucher gebuhlt wurde. Zu vielerlei war das Angebot auf dem Markt. Außerdem gab es hier natürlich nicht die Möglichkeit Sitzplätze anzubieten, die man zu einem festen Obolus hätte verkaufen können.
Also kam es zu einer losen Aneinanderreihung verschiedenster Einzelnummern, die immer wieder, durch kleinere Zwischenpausen kurzzeitig unterbrochen wurden. In diesen gingen die jüngeren Frauen, wie auch Männer zu ihren jeweiligen geschlechtlichen Gegenstücken und versuchten das ein oder andere Geldstück zu bezirzen. Die Ausbeute war, wie zu erwarten, nicht die Schlechteste und die Vorstellung ging, ohne erwähnenswerte Zwischenfälle vonstatten.
Für Syrill war es dazu noch ruhiger als sonst. Er nahm normalerweise, seit fast einem Jahr, bei den Vorstellungen einen aktiveren Part ein, indem er bei einer Seiltanznummer sein Geschick unter Beweis stellte. Doch hier war es nicht möglich gewesen, die benötigten Hochseilpfeiler zu verankern, weswegen er und Khalid ihren gemeinsamen Auftritt hatten ausfallen lassen müssen. Syrill war das nur recht. Auch wenn er gerne auf dem Seil war und mit dem dunkelhäutigen Khalid verschiedene waghalsige Manöver vollführte, so nahm ihn doch das Treiben hier gefangen.
Fast jedes Mal waren sie eine der Attraktionen auf den Märkten und nur wenig konnte von der Anziehungskraft an ihre Truppe herankommen. Doch in Weißenburg war das anders. Es gab gewaltige Bauten, deren Funktion er von weitem nur erahnen konnte, bunte Stände mit leuchtenden Fontänen in einem unregelmäßigen Rhythmus. Konkurrierende Gaukler auf hohen Stelzen, die durch die Menge schritten und versuchten das Publikum zu ihren eigenen Veranstaltungen weg zu locken. Er selbst war sogar das ein oder andere Mal versucht, sich entführen zu lassen.
Auch Melton sah mit großen Augen zu den anderen Ständen und vergaß nicht nur einmal das Zureichen eines Musikinstruments oder großen Messers. Doch heute bot sich keine Gelegenheit mehr, ihre Neugier zu befriedigen. Der nächste Tag sollte das jedoch ändern.

* * *

Schon am Morgen begann das Jahr zu zeigen, dass es seinem Sonnenstern endlich wieder die volle Kraft verliehen hatte. Der goldene Ball am Himmel strahlte in einer Intensität, die für den Tag viel Schweiß und noch mehr Durst vorhersagte.
Kosch schaute nach oben, zu dem blauen Himmel und wischte sich mit dem Handrücken, über die bereits feuchte Stirn. Er besah sich die Tropfen auf seiner Haut und grummelte nur: „Was 'ne Verschwendung.“
Er war schon verhältnismäßig früh, nach der durchzechten Nacht aufgebrochen, um dem größten Gedränge in den Straßen zu entgehen. Auch den Weg hatte er sich dieses Mal genau erklären lassen und gut eingeprägt. Ein Herumirren, wie am gestrigen Abend wollte er vermeiden und die ständigen Verwünschungen, wenn er wieder mit seiner Rüstung und deren Stacheln einem arglosen Passanten zu nahe gekommen wäre, ohne das dieser hätte ausweichen können, wären ihm doch etwas aufs Gemüt geschlagen. So hatte er es sich zumindest überlegt, nachdem ein, nicht mehr länger zu ignorierender Kopfschmerz, ihn vom weiteren Schlaf abgehalten hatte.
Doch leider war das Eintragen bei den Wettbewerben nicht ganz nach seinen Vorstellungen verlaufen. Der tattrige Schreiberling hatte auf die Frage nach den teilzunehmenden Wettbewerben, seine brummige Antwort „Bei allen!“ offensichtlich für einen unverschämten Scherz gehalten. Erst als Kosch einen recht prallen Beutel mit Goldstücken unter der Rüstung hervor gezogen hatte, schien der Alte seinen Wunsch doch kurz zu überdenken.
Doch nach einiger Diskussion und irgendwelchen hitzigen Erklärungen, denen Kosch noch nicht recht folgen konnte – irgendetwas mit Überschneidung im Zeitplan und verschiedenen zu weit von einander entfernten Kampfstätten – hatte man sich geeinigt. Auch musste sich der stämmige Zwerg eingestehen, dass Hühner fangen und Lanzenstechen hoch zu Roß, nicht ganz seinen Vorstellungen entsprach. Wer konnte denn auch ahnen, dass die Stadt es dermaßen mit den Wettbewerben übertreiben musste? Für Koschs Vorstellung wäre eine einfache Keilerei oder eben ein bewaffneter Kampf am Boden absolut ausreichend gewesen. Nun nahm er bei beidem teil und konnte sogar noch durchsetzen, an ein paar Kraftdisziplinen mit dem großen Stein, teilnehmen zu dürfen. Der Schreiber hatte nur mit den Achseln gezuckt und gemeint 'es sei ja schließlich Koschs Geld'.
Nun stand der Zwerg also schwitzend vor der Amtsstube und überlegte, wie er den angebrochenen Morgen weiter nutzen sollte. Da ihm noch immer nicht nach einem Frühstück stand, entschied er sich erst einmal, die Austragungsorte der Wettkämpfe zu besichtigen. Es war schließlich nie verkehrt, die Umgebung eines bevorstehenden Kampfes zu kennen.

Den nächsten Teil findet ihr hier im Laufe der Woche.

1 Kommentar:

  1. Spannende Geschichte, gefällt mir gut! Nur die teils willkürliche Verwendung von Kommata finde ich verwirrend und enervierend.

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