Sonntag, 29. Januar 2012

3. Kapitel Teil 2 - Nach oben

Wie durch ein Wunder konnte Syrill das Gleichgewicht halten, als sich vor ihm plötzlich diese menschliche Lücke auftat. Der Moment genügte, dass er ein, zwei tiefe Atemzüge nehmen konnte, doch sogleich schloss sich die Öffnung in der Menge auch schon wieder. Der Druck nahm erneut zu und Syrill wurde hilflos mal hierin, mal dorthin gepresst.
Auf einmal spürte er einen nicht nachgebenden Widerstand in seinem Rücken. Er sah sich um, so gut es ihm möglich war und erkannte, dass er bis an eine der Hauswände, die die Straße säumten, gedrängt worden war. Er meinte schon, das Geschiebe würde erneut los gehen, doch dann kam die Menge endlich wieder zum Verharren, wie er mit Erleichterung feststellte.
In diesem Moment dachte Syrill zum ersten Mal wieder an Melton und seinen Vater. Hatte er sich zuvor nur Sorgen um sich selbst gemacht, bekam er nun Angst, wenn er an die beiden oder auch die restliche Truppe dachte, die sich auf den Weg zur Eröffnungsansprache gemacht hatte. Er wusste nicht, wie weit sich diese verdichteten Leiber ausgeweitet hatten, beziehungsweise, ob es noch an anderen Stellen zu ähnlichen, katastrophalen Zuständen gekommen war. Auch fragte er sich, wie lange dies noch gehen könne. Irgendwann müssten doch die Nachrückenden merken, dass es nicht voran ging und umkehren, oder sich zumindest einen anderen Weg suchen.
„Hey Junge. Meinst du, du kommst da hoch?“
Syrill wurde aus seinen Gedanken gerissen. Neben ihm stand ein Mann mittleren Alters in einer hellen Robe, die einen leicht bläulichen Ton hatte und der nach oben zeigte. Die Haare waren sorgfältig geschoren und selbst die Augenbrauen restlos entfernt. Um den Hals trug er ein Medaillon mit dem Zeichen Aequillions. Drei gewellte Linien in einem Dreieck. Syrill war nicht unbedingt bewandert, in den Göttern und deren Zuständigkeiten, doch über Aequillion wusste er Bescheid. Der Gott stand für das ausgleichende Wasser, das immer wieder in die Waagrechte kam. Keine offizielle Rechtsprechung vor einem Richter konnte ohne die Anwesenheit, eines Angehörigen seines Ordens stattfinden und kleinere Streitigkeiten wurden oft direkt ihrem neutralen Schiedsspruch anvertraut und in der Regel akzeptiert. Aequillions männliche, wie weibliche Priester trugen der Gleichheit wegen, alle die selbe Kleidung, das selbe Symbol und die Haare ganz nach der Art, wie es der Mann hier vor Syrill tat.
Der Priester zeigte auf einen hervorstehenden Sims an der Wand über ihnen, der scheinbar das Gebäude umlief - direkt unter einem Fenster. Syrill besah sich das nun, neugierig geworden, etwas genauer, doch stellte er enttäuscht fest, dass auch dieses Fenster im oberen Stock vergittert war. Aber, es sollte möglich sein, von dort aus auf das Dach zu gelangen, was ihn zumindest aus der erdrückenden Menge bringen könnte. Nur lag schon das Sims deutlich außerhalb seiner Reichweite.
Syrill schüttelte den Kopf.
„Komm schon. In deinem Alter bin ich fast überall hoch geklettert. Vielleicht findest du auf der Rückseite irgendwas, womit du dem Rest hier helfen kannst. Eine Leiter oder ein Seil, was weiß ich.“ Syrill hörte die Verzweiflung aus der Stimme des Mannes und sah, dass er unnatürlich schief dastand. Scheinbar hatte er sich bereits im Gedränge verletzt und belastete eines seiner Beine nicht mehr richtig.
„Wenn ich an diesen Absatz da ran käme, könnte es schon gehen.“, räumte Syrill noch zweifelnd ein.
„Das... das ist kein Problem. Ich kann dich da hoch heben.“, antwortete der Mann aufgeregt. „Aber du musst versprechen, irgendwas zu finden, was auch uns andere hier raus bringt.“
„Ich versuche es. Aber...“
„Versprich es! Bei Aequillion!“
Syrill nickte.
„Komm! Kletter auf meine Schultern.“ Der Priester faltete seine Hände, sodass Syrill hinein steigen konnte. Mit schmerzverzerrtem Gesicht drückte er den Jungen dann nach oben, damit dieser auf seine Schultern steigen konnte. Syrill vernahm ein qualvolles Stöhnen, als er sein eigenes Gewicht auf diesen ausbalancierte. Er wünschte, der Mann hätte die eingespielte Sicherheit Khalids. Aber sein eigenes Geschick genügte, um tatsächlich von dort an das Sims zu gelangen. Seine Aktion blieb nicht unbemerkt, er hörte nun allerlei Rufe, die wohl im galten.
„Da!“
„Was tut er?“
„Bravo Kleiner!“
Syrills Finger suchten Halt an dem schmalen Vorsprung. Geschickt zog er sich dann etwas nach oben und stemmte die Füße gegen die Wand. Er musste sich nur noch etwas nach rechts hangeln, dann war das Gitter des Fensters über ihm.Er besah den Abstand und schätze ihn auf etwa eine Elle.
'Das müsste klappen.' Ohne viel nachzudenken, lies er sich etwas herunter, federte kurz auf und ab, um seine Glieder auf das Bevorstehende vorzubereiten und zog sich dann explosionsartig nach oben, während er mit den Beinen nachdrückte.
Syrill hielt den Atem an, während er seinen schlanken Körper in die Luft katapultierte und so lang wie möglich machte. Das raunende Publikum nahm er in diesem Moment nicht mehr wahr. Er hörte nur das Pochen seines eigenen wild hämmernden Herzens. Es kam ihm vor, als würde sich die Zeit verlangsamen und alle seine Nervenenden angespannt kribbeln.
Dann fassten seine Hände das Metall des Gitters. Geschickt kletterte er weiter. Oberhalb des Fensters ragten die Querbalken des Dachstuhls aus dem Gemäuer. Von hier war es ein leichtes für Syrill, das Dach zu erklimmen, was mit vereinzeltem Beifall quittiert wurde.

Ich bin übrigens um jedes Feedback in den Kommentaren dankbar.
Was gefällt euch? Was findet ihr unpassend oder langweilig?
Ansonsten, bis in einer Woche.

Sonntag, 22. Januar 2012

3. Kapitel Teil 1 - Auf dem Weg zum Fest

Waren die Straßen an den Tagen zuvor bereits überfüllt, so erfuhr dieser Umstand nun eine weitere Steigerung. Es schien, als wäre die ganze Stadt auf den Beinen und strömte gemeinsam, ins Zentrum von Weißenburg. Eine andere Richtung war auch schlichtweg nicht möglich. Wer einmal in den Sog aus Körpern geriet, konnte nicht anders, als sich mitziehen zu lassen. Die Sonne brannte unnachgiebig, doch hielt das das neugierige Volk nicht ab, sich der Menge anzuschließen. Alle Fahnen der Stadt waren gehisst und zeigten die Banner der verschiedenen Lords und Herrschaftshäuser. Je weiter man ins Innere der Stadt kam, desto mehr entstand der Eindruck, dass wohl jedes Gebäude nun irgendwie geschmückt oder hergerichtet war. Duftende Sommerblumen waren zu kunstvollen Kränzen gebunden und an den Türen befestigt, bunte Wimpel hingen in den Fenstern und die Lampionketten waren kreuz und quer über sämtliche größere Straßen gespannt.

„Was bei den elf Höllen ist hier nur los? Wollen die alle die Eröffnungsansprache mit anhören?“ Melton konnte es nicht glauben. Er befand sich mit seinem Bruder und ihrem Vater inmitten des Gewühls, das irgendwie zum Stocken gekommen war, da sich etwas weiter vorne zwei der Hauptstraßen verbanden. Es war ein Wunder, dass sie sich nicht auch schon längst verloren hatten. Khalid und seine Gefährtin Chalise waren bereits geraume Zeit außer Sicht. Mit solch einem Ansturm hätte der Junge nie gerechnet.
„Ansprache? Firlefanz. Die wollen nur ihre Taschen füllen.“ Melton sah sich um. Neben ihm stand ein dicker Mann und schnaufte schwer, während er sich ebenfalls scheinbar weder vor, noch zurück bewegen konnte. „Damit auch ja genug Publikum der Rede lauschen wird, hat man sich eine weitere unsagbar tolle Sache überlegt.“, antwortete er auf Meltons fragenden Blick. Sein Gesicht verriet, was er im Augenblick tatsächlich davon hielt.
„Es sollen eigens geprägte Münzen von den Dächern, um den Platz vor der Ratshalle geworfen werden. Die Gerüchte überschlugen sich, ob es jetzt Silber, Gold, oder gar Platin sein soll. Tatsächlich weiß ich es aber besser. Die Münzen werden zum größten Teil nur aus Kupfer sein.“
„Zum größten Teil?“, hakte Melton nach.
„Naja, ein paar Goldstücke sind wohl dabei. Aber ich tippe auf gerade mal eine Hand voll.“
„He, ihr seid aber gut unterrichtet.“, mischte sich ein kleiner, unmittelbar vor ihnen befindender Mann mit ein.
„Der Neffe eines Nachbarn hat die Prägestempel gefertigt. Ich bin also tatsächlich recht gut unterrichtet.“
Hastor stöhnte. „Oje, hätten wir das nur früher gewusst.“

Die Luft war auch ohne die enge Menschenmasse bereits stickig. Kein Windhauch war zu spüren, ausser dem heißen Atem der umgebenden Menge. Der Unmut und die Anspannung wurde immer deutlicher und äußerte sich nun auch, in lauten und wütenden Ausrufen.
Syrill befand sich eingezwängt zwischen mehreren übel riechenden Körpern und rang nach Luft. Den Kopf nach oben gereckt, kniff er die Augen schmal zusammen um den blendenden Sonnenstrahlen zu entgehen. Lichter tanzten und Tränen standen ihm in den Augen.
„Gehts denn bald voran?“, rief jemand, nicht weit hinter ihm, was nur mit Unmutsrufen beantwortet wurde. Nicht viel später vernahm der Junge, von irgendwo weiter vorne „Ich schiebe doch gar nicht, du Pissetrinker!“, was kurz danach von lauten Schreien aus der selben Richtung quittiert wurde. Es dauerte nicht lange, dann nahm der Druck von vorne deutlich zu. Die Schreie wurden zahlreicher und lauter, was Syrill Böses ahnen lies, während er mehrere Schritte zurück geschoben wurde. Er glaubte die Stimme seines Vater etwas rufen zu hören, doch kam ihm diese, viel zu weit weg vor.
Plötzlich kamen die Schreie von überall, während ihm die knappe Luft nun vollständig aus den Lungen gepresst wurde. Er fühlte, wie er nach hinten kippte, eingeklemmt in die umgebenden Leiber und dabei weiter zurück gedrängt wurde. Er dachte nur 'So muss sich Ertrinken anfühlen.' während er hilflos mitgerissen wurde und die Sterne vor seinen Augen einen wilden Reigen tanzten. Syrill versuchte sich Platz zu verschaffen. Er drückte und schob mit Armen und Beinen, doch blieb alles ohne Erfolg. Er wäre in das panische Kreischen der Menge mit eingestimmt, wenn er nur den Atem dazu gehabt hätte.
Plötzlich spürte er, wie sich eine Hand in sein Hemd krallte und ihn, zu seinem weiteren Entsetzen nach unten zog, doch rutschte der Griff gleich wieder ab, als der unglückselige Besitzer, von Syrills unmittelbaren Nachbarn nieder getrampelt wurde.
Dem Jungen wurde schlecht, bei der Vorstellung, dass es ihm ähnlich ergehen könnte und war froh, nicht zuvor gesehen zu haben, wer es war. Dafür sah er, wie der Mann vor ihm, plötzlich ebenfalls nach unten wegrutschte, als er scheinbar auf irgendetwas getreten war, was ihn straucheln lies.

So beginnt also das 3. Kapitel. Ich hoffe ihr habt weiter Freude an meiner Geschichte. Bis nächste Woche.

Sonntag, 15. Januar 2012

2. Kapitel Teil 13 - Im Badehaus

Irgendwie sah der Zwerg reichlich bedröppelt aus. Und dies nicht nur, weil das Badewasser noch immer aus dessen roten Zöpfen und zottigem Bart rann.
Zu Koschs eigener Überraschung genoss er das kühle Bad mehr, als er erwartet hatte. Dies bezog er zwar, auf die noch immer drückende Hitze, die über der gesamten Stadt lag, aber trotzdem fand er es irgendwie nicht richtig und für einen Felsenschmetter alles andere als angemessen. Ein badender Zwerg. Wo gab's denn so was? Wieder schüttelte er still den Kopf und tauchte trotzdem erneut unter. Das erfrischende Nass bildete eine willkommene Abkühlung in diesen Stunden, das war nicht weg zu diskutieren. Noch dazu hatten sie hier einen recht brauchbaren Gerstensaft. Härtere Getränke hatte Kosch zwar vergebens erfragt, aber war er am Ende mit dem Bier, doch recht zufrieden.
Das Badehaus, das Kelor gewählt hatte, war keines von dessen Stammhäuser. Irgendwie hatte er Angst gehabt, dass sie ihn dort unter Umständen nicht mehr eingelassen hätten, nachdem er mit diesem Zwerg aufgetaucht wäre. Stattdessen wählte Kelor eines etwas außerhalb.
Die zuständige Dame am Empfang hatte auch tatsächlich zuerst die Nase gerümpft, es dann aber scheinbar, als ihre Pflicht angesehen, einen so schmutzigen Reisenden nicht mehr ziehen zu lassen, ohne dass dieser das Meiste seines Schmutzes los geworden wäre.
Kelor betrachtete Kosch, wie dieser endlich aus dem Becken stapfte. Ein warmes Bad in einer jeweils eigenen Wanne hatten sie beide schon hinter sich, worum Kelor mehr als dankbar gewesen war.
Im Anschluss entschied Kelor zur Abkühlung das große Becken zu benutzen, um welches mehrere einfache Holzpritschen angeordnet waren. Der Zwerg machte auch ohne Rüstung eine imposante Figur. Es wölbte sich zwar ein ordentlicher Bauch nach vorne, den sonst wohl die Rüstung etwas im Zaum hielt, aber die sonstigen Muskeln wurden davon nicht geschmälert. Kosch wirkte, als ob alles, was nicht nach oben wachsen sollte, in die Breite gegangen wäre. An seinen Armen sah man, sich dicke Muskelstränge, unter der Haut abzeichnen und sein Hals war von seinem Nacken kaum zu unterscheiden. Sein restlicher Körper stand dem, in Nichts nach.
Kosch schlang sich ein Handtuch um die Hüfte und lies sich dann auf die Pritsche neben Kelor fallen.
„Und? Ich will ja nicht darauf herumreiten, aber ich habe den Eindruck, dass ein Bad nicht die schlechteste Idee war?“
„Ja, ja.“, brummelte der Zwerg in seinen nassen Bart. „Trotzdem wird's sicher keine Gewohnheit werden, auch wenn das Bier recht süffig ist.“ Kelor musste lachen.
Sie blieben nur noch eine kleine Weile, bevor sie sich auf den Weg in die Räume zum Ankleiden machten. Das Silber für eine zusätzliche Massage wollten sie nicht investieren, auch wenn Kelor nur ungern ablehnte und das attraktive Mädchen, eine intensive Erfahrung versprochen hatte.
Der junge Gardist wartete, während Kosch sich in seine schmutzige Rüstung zurück zwängte. Er wünschte sich, dass doch etwas mehr Duftöle im Badewasser gewesen wären, als er sich das alte Metall so besah. Einer Reinigung durch einen örtlichen Schmied hatte Kosch vehement widersprochen. Den Ruhm von Generationen wasche man nicht einfach so ab. Die Rüstungspflege wäre eine äußerst diffizile Angelegenheit, die nur er selbst übernehmen könne. So wie Kelor nun den Zwerg schon kennen gelernt hatte, versuchte er es erst gar nicht weiter.
Während er so an der Wand lehnte und wartete, dass Kosch endlich sämtliche Schnallen und Riemen richtig angelegt und eingestellt hatte, vernahm er zwei weibliche Stimmen aus dem Nachbarraum. Ursprünglich war das Ankleidezimmer größer und für beiderlei Geschlecht vorgesehen, doch hatte man bereits vor einiger Zeit eine einfache Wand eingezogen, um der, in den letzten Sommern, wachsenden Prüderie gerecht zu werden.
„Habt ihr von Westholz gehört?“
„Ja, meine Nachbarin hat es mir erzählt. Schlimm. Einfach nur schlimm.“
„Das liegt nur an diesen heißen Sommern sag ich euch. Aber so ein gewaltiges Feuer... Die Stadt soll vollständig niedergebrannt sein.“
„Ja, das hörte ich auch. Die Leute dort haben alles verloren.“
Kosch war endlich fertig und hatte das Gespräch wohl ebenfalls vernommen. „Westholz... ich glaub, da bin ich vor 'ner Woche noch durch gekommen. Aber völlig niedergebrannt? Aus so viel Holz waren die Häuser doch jetzt auch nicht gerade. Und Stein brennt meist recht schlecht.“
Kelor sparte es sich, darauf hinzuweisen, dass auch in Weißenburg überwiegend Steinhäuser standen. Trotzdem waren die Dachstühle und auch sonstige Balken, wie so ziemlich überall natürlich aus Holz. Im vergangen Frühjahr hatte ein Feuer, auch hier ein paar der enger zusammen stehenden Häuser erfasst. Kelor, der damals nach den Löscharbeiten Brandwache hielt, hatte gesehen, wie auch Steinhäuser sozusagen vollständig niederbrennen konnten. Er wollte nicht wissen, wie verheerend dieses Feuer in einem so heißen Sommer ausgesehen hätte.
Kosch wiederum hatte zuvor schon von der Bauart seines Volkes erzählt. Dort baute man nach seiner Aussage tatsächlich fast ausschließlich aus Stein und Metall. Dies war wohl auch der deutlich längeren Lebenserwartung geschuldet. Eine Behausung, die einmal errichtet worden war, sollte Generationen erhalten bleiben, ohne dass ständig Reparaturen durchzuführen seien. Kelor, der eigentlich wenig Sinn für Architektonisches hatte, war nicht umhin gekommen, eine gewisse Neugierde für die Heimat Koschs zu entwickeln.
„Sag ma' Junge, wie kommt's eigentlich, dass ein einfacher Gardist, so viel Wert auf Sauberkeit legt?“, fragte der Zwerg, als sie schlussendlich in die noch immer, schwüle Abendluft traten.
„Das, mein kurzer Freund, ist eine längere Geschichte, die durchaus bei dem ein oder anderen Bier erzählt werden kann. Das nächste geht auf mich.“
„Narrengold und Hammerbruch. Das soll mir das Bad doch wert gewesen sein.“ Ein Strahlen ging über Koschs Gesicht, als sie sich auf den Weg Richtung Markt machten.

Hier endet das 2. Kapitel. Mit dem nächsten Teil beginnt das 3. sowie das eigentliche Fest. Seid auf die Ereignisse gespannt.

Sonntag, 8. Januar 2012

2. Kapitel Teil 12 - Im Kerker

Der Zwerg Kosch Felsenschmetter hatte längst etwas von der Freude an dieser vermaledeiten Stadt und ihrem blöden Fest verloren. Wie konnte man auch nur so einen Aufstand machen, wegen einer kleinen Keilerei unter Kameraden? Gut, richtige Kameraden waren es ja nicht, aber da sie alle am selben Wettkampf teilnehmen wollten, kam das seiner Definition doch recht nahe.
Merkwürdig fand er auch, dass scheinbar neben dem Bisonkopf, nur er mit zur Wache und anschließend hierher gebeten wurde. Naja, gebeten war auch hier nicht das richtige Wort. Eskortiert traf es da schon besser. Noch dazu mit gezückten Waffen. Er wollte gar nicht wissen, wie viele Soldaten sie mitgeschickt hätten, wenn er seinen Hammer dabei gehabt hätte, statt ihn bei Alef zurück zu lassen. Auf die Idee, dass sie ihm den wohl nicht gelassen hätten, kam er nicht.
So war Kosch nun also, allein in einer Zelle, die man extra für unangenehme Gäste, wie ihn freigehalten hatte. Dabei ging es wohl nicht einmal darum, ihm oder den anderen Gefangenen einen Gefallen zu tun, sondern vielmehr um die Angst der Wärter, eine Auseinandersetzung in den engen Zellen schlichten zu müssen. Normalerweise wäre ihnen eine solche recht egal gewesen, aber Hauptmann Chrasinius hatte Kontrollen in der Festwoche angekündigt.
Kosch war gerade bestrebt, auf dem Boden eine halbwegs angenehme Sitzposition in seiner Rüstung zu finden – ein Ablegen kam herinnen nicht in Frage für ihn – als er Geräusche vor der Zellentür hörte. Er versuchte schnellstmöglich wieder auf die Beine zu gelangen, doch das kleine Guckfenster der Tür öffnete sich, bevor ihm das gelungen war.
Kelor besah sich mit einem süffisanten Grinsen Koschs verzweifelte Bemühungen.
„Ich hab euch gestern schon gesagt, dass solch ein Ungetüm nichts für die Stadt ist.“
„Ja, ja. Komm lieber rein und hilf mir hoch, Jungchen.“, schnauzte Kosch leicht gereizt zurück. Bei seinen Versuchen wäre er gerade fast auf dem Rücken gelandet.
Kosch hörte, wie die junge Stadtwache ein paar Worte mit jemandem außerhalb seines Sichtfeldes wechselte, während er endlich auf die Beine kam.
„Hmm, das wird nicht möglich sein. Die Wärter haben strikten Befehl die Tür erst wieder zu öffnen, wenn ihr eure Strafe bezahlt habt.“
„Strafe, pah!“ Kosch polterte los. „Ausnehmen woll'n se mich. Wahrscheinlich noch vom Turnier fernhalten.“ Der Zwerg war inzwischen an die Tür heran getreten und stand fast auf den Zehenspitzen, um zu sehen wer dort neben Kelor stand.
„Du da. Ja du. Mach mal nen Satz beiseite, damit ich mit dem Jungen allein sprechen kann.“
Als dieser tatsächlich mit mürrischem Blick ein paar Schritte zurück getreten war, flüsterte Kosch Kelor zu: „Diese Beutelschneider wollen zehn Goldstücke von mir, weil ich angeblich die Keilerei verursacht oder begonnen hätte. Alles Quatsch sag ich dir. Aber wie ich die Lage so bedenke, werd ich das kaum noch rechtzeitig hinbiegen können.“
Kelor befürchtete Schlimmes: „Also wenn ihr denkt, dass ich euch was auslegen kann, dann seid ihr schief gewickelt.“
„Nein, nein. Das Gold hab ich schon.“ Mit gepresster Stimme fügte er hinzu: „Nur habe ich heute morgen in meinem Dusel den Rucksack in der Herberge zurück gelassen. Das passiert mir sonst nie. Scheiß Würzsoße. Ich nahm nur meine kleine Goldbörse mit und die ist nach den horrenden Anmeldegebühren merklich leichter geworden. Ich trau denen hier aber nich' weiter als ich alle zusammen schmeißen kann. Ich mein... könntest du vielleicht... die Herberge ist ja nicht so weit.“
Kelor war etwas baff. Er fragte sich, womit er das Vertrauen des Zwergs gestern erworben hatte.
„Es soll dein Schaden auch nich' sein. Ich denk, dass ich bei'n Kämpfen ne gute Chance hab, und 'ne gut platzierte Wette sollte 'ne ziemlich, sichre Goldanlage sein.“
Das, was Kelor bereits zuvor von den Wachen in Erfahrung gebracht hatte, lies ihn den Worten fast glauben schenken. Er wusste aber auch, dass solche Geschichten schnell die Runde machten und die Buchmacher ziemlich sicher ihre Quoten anpassen würden, sobald sie von den Qualitäten des Zwergs erführen. Und erfahren würden sie davon.
„Komm schon. Überleg nich' lang. Ich will keinen von 'n Wärtern bitten müssen. Heut Abend biste auch wieder eingeladen.“
Kelor stöhnte zwar innerlich auf, sagte dann aber: „Na gut Felsenschmetter. Aber nur unter einer Bedingung...“

Die Verwünschungen hatte Kelor noch ihm Ohr, als er von Alef mit Koschs Rucksack wieder zurück kam. Es hatte einige Überredungskunst gebraucht, den Wirt zur Herausgabe zu bewegen. Wenn der den jungen Gardisten nicht so gut gekannt hätte, sowie ohne den gestrigen Abend, hätte er sich sicher die Zähne ausgebissen. Die Auslöse ging dann allerdings schneller von Statten als gedacht. Kelor war überrascht, dass die Wachen tatsächlich irgendwelche Zahlen auf ein Pergament notierten. Scheinbar verlangte das dieser Leutnant Chrostoph, der jedoch während Kelors Besuch schon nicht mehr da war. Es hätte ihn aber auch nicht gewundert, wenn dieser Zettel schon bald wieder verloren gegangen wäre.
Als sie endlich auf der Straße standen, war die Sonne schon fast verschwunden. Vom Stadtinneren drang Festlärm und Musik herüber.
„Jetzt sag. Das war doch vorhin nich' dein Ernst, oder?“, versuchte Kosch sich erneut zu drücken. „Woll'n wir uns nich' lieber direkt ins Getümmel stürzen?“
Kelor blieb hart. „Wie war das gestern mit der Ehre der Zwerge und besonders derer der Felsenschmetter? Sie stehen stets zu ihrem Wort und das ganze Zeug. Alles nur Gerede?“
„Ja, ja. Schon gut. Lass es hinter uns bringen.“
Kelor musste innerlich mehr als lachen und so machten sie sich auf den Weg – für ihn bereits zum zweiten Mal heute – in Richtung eines der Badehäuser.

Wie ihr vielleicht schon in den Kommentaren gelesen habt, betrat am 01.01. unsere Tochter das Licht der Welt. Damit ist meine Zeit zwar weiter knapper geworden, aber trotzdem wie versprochen, hier der neue Teil. Viel Spaß damit.