Sonntag, 12. Februar 2012

3. Kapitel Teil 3 - Auf den Dächern von Weißenburg

Als er endlich eine sicherere Postion gefunden hatte, schaute er sich zum ersten Mal richtig um. Die Straße war noch immer berstend voll. Er konnte in einiger Entfernung die Kreuzung sehen, die scheinbar für das ganze Chaos überhaupt verantwortlich war. Nicht minder überfüllt, verbanden sich die beiden großen Straßen dort zu einem einzelnen breiten Strom gen Stadtmitte, der so gut wie gänzlich zum Erliegen gekommen war. Zu allem Überfluss stand dort auch noch ein großer Wagen mitten auf der Straße, der das Vorankommen weiter erschwerte. In der anderen Richtung konnte er ebenfalls kein Ende an Köpfen ausmachen. Der Anfang dieser Flut aus Menschen und sonstigen Wesen musste irgendwo hinter einer Kurve liegen.
Syrill versuchte verzweifel irgendwo seinen Vater oder Bruder auszumachen. Doch es schien aussichtslos. Er rief sogar laut nach den Beiden, doch auch das blieb ohne Erfolg.
Die Gebäude hier waren groß, lang und dicht beieinander gebaut, mit nur wenigen abzweigenden Seitengassen. Schnell erklomm er den Dachfirst um zu sehen, was dahinter lag und stellte überrascht fest, dass das Gebäude noch größer war, als er angenommen hatte. Er sah auf einen gepflegten Garten herab, indem sogar ein Brunnen leise plätscherte und den das Gebäude an allen vier Seiten umgab. Syrill wusste nicht, wem dieses Anwesen gehörte, doch dass es sich um eine wohlhabende Familie handeln musste, war unverkennbar. Er fragte sich, ob er hier etwas finden könnte, was den Menschen auf der Straße helfen könnte, wie er es dem Priester versprochen hatte.. Er tastete sich vorsichtig an den Rand des innen liegenden Daches. Syrill war sich sicher, recht einfach dort auf den Boden gelangen zu können, doch er musste auch seinen Weg zurück planen. Es würde ihm nichts bringen, wenn er dort am Ende fest saß, oder darauf hoffen musste, irgendwie in das Anwesen eindringen zu können. Er umrundete den Garten, um einen besseren Überblick zu erhalten, aber auch das brachte ihn nicht weiter. Auf der gegenüberliegenden Seite stellte Syrill dafür fest, dass nur eine schmale Gasse das Gebäude von einem weiteren Haus trennte. Das linker Hand liegende Dach war zu hoch, um es von hier zu erklimmen. Die Mauer grenzte zwar mehr oder minder direkt an das Anwesen, aber er sah keine Klettermöglichkeit oder sonstige Hilfe von hier, dort hoch zu gelangen.
Er fragte sich, ob die schmale Gasse vor ihm wohl auf eine Straße münden würde, und wie dort das Vorankommen sei. Der Abstand zwischen den Dächern war nicht sonderlich breit, der Junge schätze die Lücke auf vielleicht zwei große Schritt. Allerdings ging es deutlich weiter nach unten und das gegenüberliegende Dach lag leicht erhöht.
Syrill atmete tief ein, nahm einen kurzen Anlauf und wäre beinahe gänzlich abgerutscht, als sich einer der Dachziegel unter ihm löste und einfach weg schlitterte. Seinen Schwung nicht mehr abfangen könnend, sprang er so weit er konnte, doch war er schon zu sehr aus dem Tritt. Syrill schlug hart gegen den Rand des gegenüberliegenden Daches, was ihm einen stechenden Schmerz, in der rechten Brust einbrachte. Mit schierem Glück schaffte er es, sich irgendwie dort festzuklammern, während unter ihm der unglückselige Ziegel in tausend Teile zersprang. Unter Aufbietung aller seiner Kräfte, zog er sich schließlich auf das sichere Dach und blieb dort schwer keuchend liegen. Bei jedem Atemzug durchfuhr ihn ein weiterer Stich. Als er sich etwas erholt hatte und bemerkte, dass der Schmerz nachließ, wenn er nur flach atmete, kämpfte er sich wieder auf die Beine.
Syrill fluchte. 'Diese beschissene Stadt mit ihrem dämlichen Fest.' Erst die Geschehnisse auf ihrem Weg hierher und jetzt das. Nahmen die leidvollen Ereignisse denn gar kein Ende?
Syrill ging langsam und vorsichtig weiter. Dieses Gebäude hier war nicht viel kürzer, jedoch hatte es kein solches Atrium, wie das vorherige und war somit deutlich schmaler. Vom First herunter sah er jedoch, dass dahinter nur ein weiteres Dach wartete und noch immer keine Möglichkeit auszumachen war, wie er hier herunter und auch wieder hinauf kommen könnte. Syrill fragte sich in diesem Moment sowieso, was er hier machte. Wie sollte er dem Priester oder auch den restlichen Menschen in der Menge, dort hinter sich helfen? Er konnte wohl kaum erwarten, hier auf den Dächern ein Seil, oder geschweige denn eine Leiter zu finden. Als er sich den Abstand besah, den er nun überspringen müsste, wurde ihm schlecht. Er betastete seinen schmerzenden Rippenbogen und nahm versuchsweise einen tieferen Atemzug, doch der unmittelbar antwortende Schmerz, lies ihn das sogleich bereuen.
Wenn er sich nicht allzu weit weg bewegen wollte, blieb nur noch das Dach und die Mauer zur linken. Von diesem Dachfirst aus, war der Abstand nicht ganz so hoch und durchaus überbrückbar. Syrill würde zwar ebenfalls springen müssen, aber hier zumindest nur nach oben, was einen tiefen Sturz schon einmal ausschließen würde, sollte er es nicht direkt beim ersten Versuch schaffen. Die Dächer waren glücklicherweise nicht sonderlich steil, was ihn hoffen lies, nicht sogleich wieder das Gleichgewicht zu verlieren.
Er brauchte drei peinvolle Anläufe, bis er es endlich geschafft und sich auf das nächste Dach hoch gezogen hatte. Die Schmerzen waren betäubend und der Junge konnte sich nicht erinnern, schon einmal solch eine Qual erlebt zu haben. Nur der Gedanke, dass auch sein Vater und Melton dort unten waren, lies ihn diese ertragen.
Noch dazu war ihm eine Idee gekommen: Die vielen Lampions, die am Abend die Stadt erhellten. Mit etwas Glück waren die Schnüre stark genug, dass man sich daran hochziehen konnte. Und wenn er sich richtig erinnerte, waren von diesem hohen Gebäude aus, gleich mehrere der Lampionketten über die Straße gespannt.
Von dieser gingen gerade wieder laute Rufe und Schreie aus, die nichts Gutes verhießen. Syrill wollte gerade vorsichtig das Dach überqueren, als ihm auffiel, dass er nicht alleine war.
Zuvor verdeckt von einem Schornstein, lag am anderen Ende des Daches eine Gestalt flach auf den Ziegeln und beobachtete scheinbar aufmerksam die Straße.

Ich weiß, ihr musstet euch dieses Mal etwas länger gedulden. Leider machte unser Internet ein wenig Spirenzchen und ein paar andere Termine nahmen mich noch in Beschlag. Dafür glaube ich, fällt der heutige Teil ein klein wenig länger aus. Ich hoffe ihr verzeiht mir. Bis in einer Woche dann erstmal wieder.

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