Sonntag, 9. September 2012

3. Kapitel Teil 14 - "Dank mir ein andermal!"

Begleitet vom Jubel der Menge hörte man von den Kampfbereichen die laute Melodie der Klingen. Die Kämpfe wurden geführt, bis ein Recke aufgab oder zuerst fünf Treffer hinnehmen musste. Um Unklarheiten von vornherein zu unterbinden, waren die Schwerter mit einer klebrigen Farbe bedeckt, die man deutlich nach einem Treffer sehen konnte.
Und schneller als gedacht, waren alle fünf Male auf dem dunkelhäutigen Hünen zu finden. Flexibel wie ein Halm im Wind, wich dessen Gegenüber allen wuchtigen Schlägen geschickt aus und schaffte es, die benötigten Treffer in einem Bruchteil der Zeit zu setzen, die die anderen Kämpfe auf den Plätzen dauerten.
Mit gesenktem Kopf schlich der Verlierer vom Platz, so hatte Kelor den Eindruck, während sich der erste Sieger des Wettkampfs feiern ließ.
Dann war Freiherr Roderick an der Reihe. Während auf einem anderen Platz der letzte Kampf der ersten Runde noch immer ausgefochten wurde, betrat er die Arena. Kelor stellte sich, wie es der Bär verlangt hatte, außerhalb an eine Ecke und hielt da die beiden von Roderick gewählten Schwerter bereit. Auf der anderen Seite sprang agil und behände ein junger Mann über die Absperrung. Kelor hatte die Namen und Reihenfolge nicht mehr im Kopf und war davon ausgegangen, dass es sich bei dem Gegner des Bären um einen anderen Ritter handeln müsste. Doch sah dieser nicht so aus.
Er trug statt einer Rüstung oder Kettenhemd nur ein Gambeson - das wattierte Unterkleid. Seinen Helm hielt er unter dem Arm und stellte ihn kurzerhand hinter sich, auf der Holzumzäunung ab. Dort stand ebenfalls ein Adjutant bereit, der ihm ungeschickt das Langschwert reichte. Doch auch dieser schien, ähnlich Kelor, erst im letzten Moment von der Straße aufgelesen worden zu sein und hatte, mit viel gutem Willen vor kurzen vielleicht seinen zehnten Jahrestag hinter sich gebracht, so schätzte Kelor.
Der Mann kam wohl gelaunt auf den schwarzen Bären zu und sagte: „Mein guter Freund, ist Euch nicht warm in dieser dunklen Rüstung? Ich war so frei meine zurück zu lassen. Wenn ihr es wünscht, warte ich so lange, bis auch ihr die Eure abgelegt habt.“
Tatsächlich war der Freiherr deutlich besser gerüstet, als sein Gegenüber. So trug er ebenfalls ein Gambeson, doch mit geschwärztem Kettenhemd darüber und einen offenen Helm mit Nasenschutz. Der Bär drehte sich wortlos zu Kelor und griff nach dem größeren der beiden Schwerter. Doch etwas in seinem Blick, lies den jungen Gardisten Böses ahnen. Es war fast so etwas wie Zufriedenheit.
„Nun, wie Ihr meint. Ich meinte es ja nur gut. Es soll schließlich niemand wegen einem Hitzeschlag den nächsten Kampf verpassen. Besonders in Eurem Alter. Also, auf einen angenehmen Vergleich.“ Dann trat er zum Richter und der Bär folgte ihm.
Dort angelangt stellten sie sich in Kampfpose auf. Auf die Frage des Richters, ob sie bereit seien, nickten beide und der Kampf war frei.
In einem offensichtlichen Versuch den dynamischen Kampfstil des vorherigen Siegers zu kopieren, begann der junge Mann sich tänzelnd über den Kampfplatz zu bewegen. Der Bär drehte sich mit, doch blieb er ansonsten an seiner zuvor eingenommenen Position. Spielerisch schlug der Mann nach ihm, doch der Bär fegte hart, mit seinem viel größeren und mehr als doppelt so schweren Schwert, dessen Klinge zur Seite. Lauter Jubel brandete auf.
Kelor sah, wie der junge Mann inne hielt und das Schwert von der rechten in die linke wechselte, um dann seine scheinbar schmerzenden Finger mehrmals zu öffnen und zu schließen.
Offensichtlich nun mit mehr Respekt, wechselte er seine Waffe wieder zurück und nahm dann erneut Kampfhaltung ein. Doch dieses Mal unterließ er das unruhige Herumgehüpfe, nur besser wurde es nicht, wie Kelor erkannte. Erneut kam nur ein halbherziger Angriff, den der Bär wieder locker parierte, um dieses Mal zum Gegenschlag nachzusetzen. Statt zur Seite, hatte Roderick dieses Mal die Klinge nach unten getrieben, um dann, fast in derselben Bewegung weit auszuholen und sein eigenes Schwert mit voller Wucht, den Arm seines Gegners treffen zu lassen. Dieser heulte lauf auf und die Klinge flog in den Sand. Schmerzverzerrt hielt er seinen Arm, der in einem leicht unnatürlichen Winkel abstand und sah entsetzt erst auf den Arm, dann auf den Bären. Kelor war sich sicher, hätte es sich um ein geschärftes Schwert gehandelt, würde der Arm des Mannes nun neben seiner Klinge liegen.
„Ihr...Ihr habt mir den Arm gebrochen. Wie soll ich jetzt noch kämpfen?“
„Dank mir ein andermal!“, und damit ging der Freiherr wieder zu Kelor und reichte ihm sein Schwert. Der Richter zeigte mit erhobener Hand auf den Bären, um ihn offiziell als Sieger der Begegnung zu verkünden, dann gingen sie, vom Jubel begleitet, zurück zu ihrer Vorbereitungsecke.
„Musstet Ihr ihn denn auch noch verspotten?“, wagte Kelor zu fragen, als sie dort angekommen waren.
„Wieso verspotten? Es war mein Ernst. Er kam mit einem gebrochenen Arm davon, den er irgendwann vielleicht wieder benutzen kann. Aber er hätte genauso gut tot sein können.“
Darauf wusste Kelor nichts zu erwidern. Ganz unrecht hatte der Bär schließlich nicht, wenn er auch noch dessen Blick vor Augen hatte, als er ihm die Waffe reichte. Er hätte jede Wette darauf abgeschlossen, dass der Freiherr bereits just in diesem Moment seinen Gegner mit voller Absicht kampfuntauglich zurücklassen wollte.
Den nächsten Kampf bestritt wieder der dunkelhäutige Kämpfer gegen einen weiteren Ritter. Doch dieser machte seinem Titel alle Ehre. Großherr Fenton vom Orden der Aequilloten trug einen strahlend blauen Waffenrock über einem silbernen Kettenhemd mit dem Zeichen Aequillions darauf. Er war der erste Kämpfer, der dazu auch einen Schild trug, welcher in denselben Farben gehalten war.
Kelor war gespannt, ob sich der dunkle Hüne dieses Mal besser verkaufen würde.

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