Wie gewünscht zeigte der Richter ihnen den Platz, der in vier separate Kampfbereiche unterteilt war, die mit Holzumrandungen eingezäunt waren. Er führte sie zu den Vorbereitungsecken, in denen sich auch die Adjutanten während eines Kampf aufhalten würden und ließ dann den Bären die Turnierwaffen sehen.
„Was für 'ne Kuhpisse!
Ich sollte eigentlich sofort meine Meldung zurückziehen.“ Der
Freiherr warf das Schwert, das er gerade in Augenschein genommen
hatte, wieder zurück auf den Tisch, wo die zur Verfügung stehenden
Klingen ausgebreitet waren. Der Richter hatte zuvor versichert, dass
für jeden Kämpfer etwas passendes dabei sein sollte und auf beiden
Seiten je Kampfplatz exakt dieselben Klingen lägen. Tatsächlich
befand Kelor die Auswahl auch mehr als reichlich. Er zählte fast an
die zwanzig unterschiedliche Arten von Schwertern, die hier bereit
lagen. Vom leichten Kurzschwert in gerader Form, zu einer Variante
mit stark gebogener Klinge, sah er auch schmale Schwerter, wie sie
die Gardisten trugen und große brachiale Waffen, die ihn schon mehr
an Keulen, denn Schwerter denken ließen. Doch alle hatten eines
gemeinsam - sie trugen keine richtige Spitze, waren stumpf, und extra
für das Turnier angefertigt worden.
„Ihr in euren freien
Städten, müsst euch immer etwas Eigenes ausdenken, statt es den
Turnieren nach dem allgemeinen Kodex gleich zu tun. Vor was hat euer
Rat denn Angst? Dass sich einer eurer bürgerlichen Recken aus
Versehen und im Bierdunst, in ein Schwert stürzt und in der Arena
verreckt?“, donnerte der Bär los.
„Es soll kein Blut fließen
und die Verletzungen auf ein Minimum beschränkt werden.“,
versuchte der Richter den Ratsentscheid zu entschuldigen.
„Ha, leg deine Hand auf
den Tisch und ich zeige dir, wie sehr eure stumpfen Klingen dich
diese behalten lassen.“
Darauf wusste der Richter
auch keine Erwiderung und wirkte etwas gekränkt. Man sah ihm
deutlich an, dass er bisher die Ratsentscheidung gut geheißen und
kaum hinterfragt hatte.
Der Bär wartete auch nicht,
bis dem Mann etwas eingefallen war, sondern ging schnaubend in
Richtung der Vorbereitungsecken davon. Kelor wollte sich nicht wieder
rufen lassen müssen und folgte dem Freiherren resigniert nach.
„Verletzungen beschränken.
Pah. Ich werde den Idioten zeigen, was wirklich Verletzungen
beschränkt. Das Teilnehmerfeld auf erfahrene Ritter und Kämpen
reduzieren, das hätten sie tun sollen.“, tobte der schwarze Bär
noch immer, als Kelor ihn erreichte.
Er hatte auch nicht ganz
unrecht, wie Kelor wusste. Bei Turnieren nach dem Kodex brachte jeder
Kämpe seine eigenen Waffen, die er gewohnt war und beherrschte.
Größere Blessuren waren dabei überaus selten, was natürlich auch
der Tatsache geschuldet war, dass nur Ritter, Knappen und wenige
sonstige Ausnahmen teilnehmen durften. Jeder kannte die Regeln,
zeigte eine gewisse ritterliche Ehre und übte den damit verbundenen
Respekt und Rücksicht. Selbstverständlich lebte mancher die Ehre
stärker als andere und der Bär war nicht gerade bekannt dafür, zu
den besonders rücksichtsvollen Kämpfern zu gehören.
Kelor ahnte, dass die
Besucher der Schwertarena recht ordentlich auf ihre Kosten kommen
würden, wenn nichts geschah, was den Bären noch besänftigen würde.
Nachdem der Freiherr Kelor
kurz und knapp erklärt hatte, was er von ihm während der Kämpfe
und den dazwischen liegenden Pausen erwartete, hieß es warten. Von
weiter weg, hörte man zwischenzeitlich auch leisen Jubel, durch die
immer drückender, werdende Luft herüber schallen. Erste andere
Kämpfer fanden sich ebenfalls nach und nach ein und bald füllten
sich auch die Zuschauerränge.
Kelor hatte sich, als der
Bär ihn losschickte, um kühles Dünnbier zu besorgen, auch mit den
Wettkampfrunden vertraut gemacht. Es gab drei Kampftage an denen die
jeweils zehn Besten, sich für den Finaltag qualifizieren konnten.
Diese wurden in zehn Gruppenrunden ermittelt, in denen immer fünf
Kämpfer, jeder gegen jeden kämpfte. Wer am Ende am meisten
Einzelgefechte für sich verbuchen konnte, zog in den Finaltag ein.
Kelor, der nicht nur des
Lesens, sondern auch der Grundrechenarten mächtig war, erkannte,
dass es sich allein beim Schwertkampf um das wohl größte Turnier
handeln musste, von dem er je gehört hatte. Er vermutete, dass es
bei den anderen Wettkämpfen nicht ganz so einen Zulauf gegeben haben
dürfte, zumindest was die klassischen Bewerbe, wie das Tjosten
anging. Schließlich würden Reittiere kaum gleichfalls gestellt
werden.
Kelor hatte auf dem Aushang
ebenso gesehen, dass der Zeitplan für jede Gruppe etwa zwei Stunden
vorgesehen hatte. Von daher sollte sein unfreiwilliger Knappendienst
glücklicherweise nicht allzu lange dauern. Wenn er ehrlich war,
spürte der junge Gardist in der Zwischenzeit, auch durchaus eine
gewisse Spannung und Vorfreude auf das Geschehen. Er war überaus
neugierig, wie sich der Freiherr schlagen würde. An Hand des
Aushangs hatte er festgestellt, dass noch zwei weitere Ritter zu
ihnen gelost worden waren und bei den beiden letzten, es sich den
Namen nach, um Teilnehmer des gemeinen Volkes handeln musste.
Endlich waren die Tribünen
voll und die Fahne, die alle paar Minuten etwas höher gehisst wurde,
hatte nun fast das Ende des Masts erreicht. Jeder sah, dass es nun
bald losgehen musste und der Lärmpegel schwoll immer mehr an. Als
endlich die Fahne die letzte Elle hinauf gezogen wurde, erschallte
lauter Jubel. Begleitet von einer Fanfare betrat der Richter des
Spiels gemessenen Schrittes den Turnierplatz. Er wartete geduldig,
bis sich der Trubel etwas gelegt hatte und verneigte sich dann in
Richtung Haevons Tempel, vor der sich auch die Ehrentribüne befand.
Kelor sah, dass Stadtoberster Goldwien scheinbar noch nicht
eingetroffen war. Statt das Volk mit langen Reden zu langweilen, rief
der Richter nur mit lauter Stimme: „Die Spiele des Schwertes sind
somit begonnen.“ Unter erneutem lauten Jubel, verließ er danach
wieder den Platz und weitere Richter in den weißen Wappenröcken der
Stadt betraten die jeweiligen Kampfbereiche und riefen die ersten
Kämpfer zu sich.
Freiherr Roderick sollte
erst den zweiten Kampf bestreiten, womit Kelor sich völlig dem
Geschehen in der Mitte widmen konnte. Er sah dort bereits in den
ersten Paarungen sehr unterschiedliche Recken, was interessante
Duelle bedeuten durfte. Ein bestens gewappneter Ritter stand einem
ebensolchen Gegner gegenüber, während auf dem anderen Platz eine
große Frau in Lederkleidung auf einen dünnen, hemdsärmeligen
Jungspund traf. Auf dem dritten Platz stand ein altgedienter Soldat,
in abgetragenem Rüstzeug recht verlassen herum und wartete scheinbar
auf seinen noch nicht erschienen Gegner.
Aus ihrer eigenen Gruppe
würden zwei ebenfalls viel versprechende Kämpfer das Turnier
beginnen. Bei dem einen handelte es sich um einen ungeschlachten,
dunkelhäutigen Mann in einfacher Lederrüstung, die bereits einige
Schläge abgehalten haben musste, wie man an den Flicken und
Ausbesserungen erkennen konnte. Auch die Narben auf den bloßen Armen
des Hünen zeigten, dass er einige Hiebe nicht nur mit der Rüstung
abgefangen hatte. Er hatte sich für eine Bastardklinge entschieden.
Ein Schwert, das man sowohl ein- als auch beidhändig führen konnte.
Ihm gegenüber stand ein
drahtiger Mann mit zwei kurzen Schwertern in Händen. Eine Rüstung
schien er nicht für nötig zu erachten. Dann begann es.
Weiter...........!!!
AntwortenLöschenDer 2-Wochen-Rythmus bleibt erhalten. Das heißt, die Fortsetzung folgt nächsten Sonntag.
AntwortenLöschenIch hoffe, dass es so lange noch auszuhalten ist. ;-)
Gruß
Andreas