Sonntag, 1. Juli 2012

3. Kapitel Teil 11 - Eine kurze Aufwartung


Eine angenehme Kühle lag in den weiter innen liegenden Gängen des Ratsgebäudes. Die Hitze des Morgens war noch nicht durch die dicken Mauern gedrungen und auf Grund der Ereignisse außerhalb, waren die Flure auch nur spärlich besucht. Die unteren Stockwerke, in denen sich die überwiegende Anzahl der Amtsstuben befanden, waren fast vollständig verwaist und man hörte nur die schweren Stiefel von Kelors Begleiter. Seine eigenen Schritte gingen dabei fast völlig unter. Er beeilte sich, den Freiherrn so schnell es ging, zu dessen Ziel zu führen. Die kühle Luft wäre zwar eine willkommene Abwechslung gewesen, doch er konnte sie so, nur schwerlich genießen.
Als sie sich dem Festsaal im obersten Stock näherten, hörte man von drinnen bereits entspanntes Lachen und gedämpfte Stimmen durch die Tür hindurch.
„Hier ist es Euer Hochwohlgeboren.“, Kelor wies auf die Tür, in der Hoffnung, dass er sich nun wieder entfernen könnte.
„Schön, dann mach schon auf und führ' mich hinein!“, kam stattdessen nur die harsche Anweisung.
Kelor überlegte kurz, ob er protestieren und auf seine aktuellen Befehle verweisen sollte, aber er ahnte, dass das den Bären kaum interessieren würde. Und eine entsprechende Reaktion wollte er sich gerne ersparen. Er öffnete also die Tür und tat, wie ihm geheißen.
Im Saal war es deutlich wärmer als auf den Fluren. Zum einen mochte das an den gut fünfzig Personen liegen, die sich hier befanden, wie auch an den mehreren, mannshohen Glastüren, die hinaus auf den langen Balkon führten. Der Raum selbst war in den Farben Weißenburgs und der umliegenden Adelsgeschlechter geschmückt, von denen wohl die meisten auch gerade persönlich zugegen waren. Mehrere Diener gingen umher und füllten die Kelche, der teilweise recht pompös gekleideten Gäste immer wieder auf. Dazwischen befand sich auch der ein oder andere Gerüstete mit Schwert und Waffenrock. Sogar ein paar Sänger und Musiker spielten zur Unterhaltung ihre Lieder in den verschiedenen Ecken des Saals, was zu einem recht wirren Durcheinander führte und wohl eine Art gespielten Wettstreit darstellen sollte.
Nachdem der Bär sich kurz umgesehen hatte, befahl er Kelor ihn zum Ratobersten Goldwien zu führen. Auch der junge Gardist musste sich erst gründlich umschauen, bevor er ihn in dem Treiben ausmachen konnte. Er verkniff sich ein Seufzen und trabte dann gehorsam los, während der Freiherr ihm folgte.
Der Ratsoberste strahlte über das ganze Gesicht als ob der Freiherr ein alter Freund von ihm wäre: „Ah, mein guter Roderick. Ob Ihr es glaubt oder nicht, aber wir sprachen just gerade über Euch und Euer fehlendes Erscheinen. Seine Durchlaucht hier,“ er zeigte auf einen untersetzten Mann neben ihm, „wollte schon eine Wette anbieten, dass Ihr bereits auf direktem Weg zur Schwertarena seid.“ Dabei lachten beide, als ob sie einen großartigen Witz gemacht hätten, was der Bär jedoch mit stoischer Ruhe hinnahm.
Als sie sich scheinbar endlich genug amüsiert hatten, entgegnete er jedoch trocken: „Nun, der Anstand gebietet es, dem Stadtherren meine Aufwartung zu machen. Dem kam ich hiermit nach.“ Schon im Abwenden, hielt er dann jedoch noch einmal inne. „Euren Gardisten nehme ich mir übrigens mit, um mich in diesen Drecksstraßen nicht wieder zu verlaufen.“
Kelor war über so viel Dreistigkeit fassungslos, doch die beiden Männer schien die Respektlosigkeit kaum zu stören. Sie lachten beide wieder lauthals los.
„Tut das, tut das.“, rief Goldwien ihm nach, dann lauter in die Menge: „Ich setze zwanzig Goldadler auf den schwarzen Bären mit dem Schwert.“
Kelor beeilte sich zu folgen. Als sie endlich in den Fluren wieder ungestört waren, nahm er sich zusammen und versuchte es nun doch, jedoch mit nur wenig Überzeugung in der Stimme: „Euer Hochwohlgeboren, ich möchte ungern unverschämt wirken, aber ich habe Befehle, die ich einzuhalten gedenke.“
„So? Gedenkst du das? Schenk dir das geschwollene Gehabe. Das passt nicht zu einem Gardisten. Auch den Hochwohlgeboren kannst du dir sonstwohin stecken Junge.“
Kelor war überrascht, doch der Bär sprach weiter: „Du hast deinen Stadtobersten gehört. Ich habe seine Zustimmung; und wenn er seine Wette nicht verlieren soll, nur weil ich zu meinem ersten Kampf zu spät komme, bringst du mich besser schnellstens dorthin.“
Dieses Mal konnte Kelor sein Seufzen nur schwer unterdrücken, aber so wie es aussah, hatte er wohl wieder keine andere Wahl.

Es war kein einfaches Unterfangen, zur Schwerarena zu gelangen. Das ganze Volk strömte gen Stadtmitte und der Platz lag etwas davon entfernt. Da der Schwertkampf jedoch in den Augen des Zeremonienmeisters zu den Publikumsmagneten zählte, befand sich die Arena nicht allzu weit entfernt. Kelor musste trotzdem einige Umwege wählen, bis sie endlich ihr Ziel erreicht hatten.
Ganz ähnlich der Arena der Kräfte, wo es dank Koschs tatkräftiger Mithilfe zu der großen Keilerei gekommen war, war auf dem Platz des Himmels eine ebensolche Holzkonstruktion errichtet worden. Der Tempel Haevons lag gleich dahinter. Alle vier Plätze der Götter würden zu Wettkampfstätten in den nächsten Tagen werden, in der Hoffnung, dass die Kämpfer dabei auch deren Gunst empfangen würden. Die jeweiligen Sieger würden somit auch zu den Champions der Götter ausgerufen werden. Ein Titel, den wohl so mancher gerne tragen wollte.
Nicht so Freiherr Roderick. Im ging es nicht um Titel, sein Ruf war auch so schon legendär. Ihm ging es um das Messen mit den anderen Kämpfern und eventuell ein paar davon für Bärenfels zu rekrutieren.

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