Sonntag, 3. Juni 2012

3. Kapitel Teil 9 - Ein ungleicher Kampf

„Was, bei allen Felsenschluchten und Schmiedefeuern ist denn hier los?“, donnerte Kosch, bei dem Anblick, der sich ihm bot. Ein lebloser, Blut überströmter Körper am Boden, ein kleiner Junge, laut schluchzend daneben und ein Mann, der mit seinem feinen Messer bedrohlich davor stand.
Sofort sprang der Mann, der gerade über den Jungen gebeugt war zurück und nahm eine kampfbereite Haltung ein.
Kosch nahm lässig seinen gewaltigen Hammer von der Schulter und umgriff mit beiden Händen fest den umflochtenen Griff. „Das würd ich lassen an deiner Stelle. Könnt dir nicht bekommen.“ Dann trat er einen Schritt in das Zimmer.
Der Zwerg sah, wie es hinter den Augen des Mannes arbeitete. Dessen Fokus löste sich nur kurz von dem gerüsteten Kämpfer, in voller stachelübersäter Rüstung, um zu dem Jungen am Boden zu blicken, als würde er etwas abwägen. Kosch wusste natürlich nicht was hier vor sich gegangen war, aber die offensichtlichen Gegebenheiten sprachen für sich. Er schob sich näher an die beiden Körper am Boden und sprach: „He Kleiner, mach mal Platz und schau, dass du hinter mich kommst.“ Doch der Junge reagierte nicht und wimmerte nur weiter vor sich hin.
Der Mann, Kosch gegenüber, erkannte wohl, dass ihm hier seine weitere Beute streitig gemacht wurde. Er hechtete nach vorn, das Messer zum Angriff erhoben.
Doch Kosch war vorbereitet. Er hatte einen Angriff förmlich erwartet und mit nichts anderem gerechnet. Er musste auch nicht nachdenken, seine Reflexe übernahmen das Handeln schneller, als es jeder bewusste Gedanke hätte tun können.
Koschs Körper schnellte ebenfalls nach vorn, um vor den Jungen zu kommen. Seine obere Hand am Hammer glitt dabei weit nach vorn, um den Schwerpunkt zu überbrücken und seine Waffe schneller zu machen. Kurze Klingen waren in ihrer Geschwindigkeit seinem Hammer überlegen, dies musste er also so lange ausgleichen, bis er die größere Reichweite und verheerende Schlagkraft, tatsächlich effektiv einsetzen konnte.
Das Messer kam von oben, Koschs Hammerkopf von unten. Er traf den Arm des Mannes knapp unter dem Ellbogen und brachte ihn so aus der Bahn. Auch ohne den vollen Schwung, zeigte der harte Treffer Wirkung. Ein nur kurzer, überraschter Laut des Mannes quittierte das.
„Hab's doch gesagt. Das bekommt dir nicht!“, lautete Koschs Antwort, wie selbstverständlich.
Doch er überspielte damit auch seine eigene, leichte Überraschung, als er erkannte, dass die Attacke tatsächlich, wohl eher dem Jungen gegolten hatte, als ihm. Scheinbar war der Mann bestrebt, sein Werk, das er mit dem Mädchen am Boden begonnen hatte, schnellstmöglich zu vollenden. Dies kam Kosch nicht gerade entgegen, da er sich somit nicht völlig unbedarft in den Kampf stürzen konnte. Aber auch wenn er den Jungen nicht kannte, so war es jetzt seine feste Absicht, ihn vor dem Mann zu schützen. Doch die Position inmitten des Raumes half dabei nicht gerade.
„Juuunge. Tu mir einen Gefallen und beweg dich.“, versuchte es der Zwerg noch einmal, doch noch immer ohne Erfolg.
Koschs Gegner hielt sicheren Abstand, machte aber keine Anstalten, sich dem Ausgang zu nähern. Er rieb seinen Unterarm, wo ihn der Hammer getroffen hatte und zog dann, eine zweite Klinge hinter seinem Rücken hervor. Beide Messer lies er kurz demonstrativ in den Händen wirbeln, um sie dann, mit nach unten gerichteter Klinge stoppen zu lassen.
Koschs Hände griffen den Hammer fester und er stellte sich breitbeinig vor den Jungen, wie ein schwerer Fels, den man vor einen Höhleneingang schiebt.
Die Messer blitzen auf und stachen abwechselnd, aus allen möglichen Richtungen nach dem Zwerg, um eine Lücke in dessen Rüstung und Verteidigung zu finden, ohne dass der Mann selbst, ihm dabei richtig nahe kam. Kosch parierte, so gut es ihm möglich war. Doch ein erster Stich kam durch, um nur vom Stahl seiner Rüstung aufgehalten zu werden.
Die nächste Angriffsserie folgte. Die Messer tanzten, in aufeinander abgestimmten Bahnen, wobei der Mann immer schneller wurde. Wie ein Wagenrad, das einen Abhang hinab rollte, nahm er Geschwindigkeit auf.
Kosch hatte immer mehr Mühe den Stichen zu entgehen. Sein stachelbesetzte Rüstung schützte ihn zwar noch, aber es war nur eine Frage der Zeit, bis eine der Klingen ihr Ziel fand. Er kannte das Ziel solcher Abfolgen. Es war wie das einstudierte Abklappern potentieller Schwachstellen. Noch war keiner der Angriffe mit voller Kraft geführt. Doch sobald ein Durchkommen gefunden war, würden sich die Hiebe dorthin konzentrieren.
Da - ein oberflächlicher, aber schmerzhafter Stich in der Seite, lies Kosch kurz zusammenzucken. Er sah das siegessichere Lächeln des Mannes, das ihm zeigte, dass der Treffer nicht unbemerkt geblieben war.
Kosch wollte sich gerade etwas weg drehen, als der Messerkämpfer dies scheinbar als Chance sah. Mit zwei, drei schwachen, aber mit unglaublicher Schnelligkeit geführten Angriffen zum Kopf, bereitete er den eigentlichen Stoß vor. Kosch sah ihn nicht kommen, aber er ahnte ihn. Und das genügte. Der Zwerg musste nur eine minimale Bewegung der Hüfte ausführen, um die Stacheln der Rüstung in einer leicht anderen Richtung abstehen zu lassen. Die verschiedenen Platten mit ihren Dornen und Spitzen waren genau dafür gedacht, ein immer anderes Geflecht zu bilden.
Das Messer ging fehl, rutschte ab und die Hand fand mit voller Wucht in die Stacheln. Der Mann jaulte vor Schmerz laut auf, als seine linke Hand von mehreren Dornen durchbohrt und wie festgepinnt wurde. Kosch drehte sich sofort um die eigene Achse und riss die zerschundene Hand so mit. Der Mann, der die ganze Zeit so viel Abstand gehalten hatte, wurde brutal an Kosch heran gezogen und weitere Stacheln in frisches Blut getränkt.
Der Zwerg wechselte abrupt die Richtung. Wie eine gespannte Feder spulte Kosch den Körper seines Gegners wieder von sich. Damit nicht genug, lies er den Hammer durch seine Hände rutschen und den Schwung aufnehmen, der nötig war. Seine Finger griffen, wie von selbst, den Knauf ganz am Ende des Griffs, um den schweren, eisernen Kopf in die richtige Bahn zu lenken. Gerade, als die wohl auch sonst, lebenslang unbrauchbar, gewordene Hand von den Stacheln rutschte, traf der Hammer mit voller Wucht und begleitet von einem, für ungewohnte Ohren, ekelhaftem Knacken und Schmatzen, in die Seite des Mannes. Für Kosch waren dies die befriedigenden Laute, die ein Ende des Kampfes anzeigten.
Der Zwerg schaute nicht einmal, ob sich der Mann, der weit an den Rand des Zimmers geschleudert worden war, noch einmal erhob, sondern wendete sich direkt, dem am Boden liegenden Jungen zu.

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