„Was, bei allen
Felsenschluchten und Schmiedefeuern ist denn hier los?“, donnerte
Kosch, bei dem Anblick, der sich ihm bot. Ein lebloser, Blut
überströmter Körper am Boden, ein kleiner Junge, laut schluchzend
daneben und ein Mann, der mit seinem feinen Messer bedrohlich davor
stand.
Sofort sprang der Mann, der
gerade über den Jungen gebeugt war zurück und nahm eine
kampfbereite Haltung ein.
Kosch nahm lässig seinen
gewaltigen Hammer von der Schulter und umgriff mit beiden Händen
fest den umflochtenen Griff. „Das würd ich lassen an deiner
Stelle. Könnt dir nicht bekommen.“ Dann trat er einen Schritt in
das Zimmer.
Der Zwerg sah, wie es hinter
den Augen des Mannes arbeitete. Dessen Fokus löste sich nur kurz von
dem gerüsteten Kämpfer, in voller stachelübersäter Rüstung, um
zu dem Jungen am Boden zu blicken, als würde er etwas abwägen.
Kosch wusste natürlich nicht was hier vor sich gegangen war, aber
die offensichtlichen Gegebenheiten sprachen für sich. Er schob sich
näher an die beiden Körper am Boden und sprach: „He Kleiner, mach
mal Platz und schau, dass du hinter mich kommst.“ Doch der Junge
reagierte nicht und wimmerte nur weiter vor sich hin.
Der Mann, Kosch gegenüber,
erkannte wohl, dass ihm hier seine weitere Beute streitig gemacht
wurde. Er hechtete nach vorn, das Messer zum Angriff erhoben.
Doch Kosch war vorbereitet.
Er hatte einen Angriff förmlich erwartet und mit nichts anderem
gerechnet. Er musste auch nicht nachdenken, seine Reflexe übernahmen
das Handeln schneller, als es jeder bewusste Gedanke hätte tun
können.
Koschs Körper schnellte
ebenfalls nach vorn, um vor den Jungen zu kommen. Seine obere Hand am
Hammer glitt dabei weit nach vorn, um den Schwerpunkt zu überbrücken
und seine Waffe schneller zu machen. Kurze Klingen waren in ihrer
Geschwindigkeit seinem Hammer überlegen, dies musste er also so
lange ausgleichen, bis er die größere Reichweite und verheerende
Schlagkraft, tatsächlich effektiv einsetzen konnte.
Das Messer kam von oben,
Koschs Hammerkopf von unten. Er traf den Arm des Mannes knapp unter
dem Ellbogen und brachte ihn so aus der Bahn. Auch ohne den vollen
Schwung, zeigte der harte Treffer Wirkung. Ein nur kurzer,
überraschter Laut des Mannes quittierte das.
„Hab's doch gesagt. Das
bekommt dir nicht!“, lautete Koschs Antwort, wie
selbstverständlich.
Doch er überspielte damit
auch seine eigene, leichte Überraschung, als er erkannte, dass die
Attacke tatsächlich, wohl eher dem Jungen gegolten hatte, als ihm.
Scheinbar war der Mann bestrebt, sein Werk, das er mit dem Mädchen
am Boden begonnen hatte, schnellstmöglich zu vollenden. Dies kam
Kosch nicht gerade entgegen, da er sich somit nicht völlig unbedarft
in den Kampf stürzen konnte. Aber auch wenn er den Jungen nicht
kannte, so war es jetzt seine feste Absicht, ihn vor dem Mann zu
schützen. Doch die Position inmitten des Raumes half dabei nicht
gerade.
„Juuunge. Tu mir einen
Gefallen und beweg dich.“, versuchte es der Zwerg noch einmal, doch
noch immer ohne Erfolg.
Koschs Gegner hielt sicheren
Abstand, machte aber keine Anstalten, sich dem Ausgang zu nähern. Er
rieb seinen Unterarm, wo ihn der Hammer getroffen hatte und zog dann,
eine zweite Klinge hinter seinem Rücken hervor. Beide Messer lies er
kurz demonstrativ in den Händen wirbeln, um sie dann, mit nach unten
gerichteter Klinge stoppen zu lassen.
Koschs Hände griffen den
Hammer fester und er stellte sich breitbeinig vor den Jungen, wie ein
schwerer Fels, den man vor einen Höhleneingang schiebt.
Die Messer blitzen auf und
stachen abwechselnd, aus allen möglichen Richtungen nach dem Zwerg,
um eine Lücke in dessen Rüstung und Verteidigung zu finden, ohne
dass der Mann selbst, ihm dabei richtig nahe kam. Kosch parierte, so
gut es ihm möglich war. Doch ein erster Stich kam durch, um nur vom
Stahl seiner Rüstung aufgehalten zu werden.
Die nächste Angriffsserie
folgte. Die Messer tanzten, in aufeinander abgestimmten Bahnen, wobei
der Mann immer schneller wurde. Wie ein Wagenrad, das einen Abhang
hinab rollte, nahm er Geschwindigkeit auf.
Kosch hatte immer mehr Mühe
den Stichen zu entgehen. Sein stachelbesetzte Rüstung schützte ihn
zwar noch, aber es war nur eine Frage der Zeit, bis eine der Klingen
ihr Ziel fand. Er kannte das Ziel solcher Abfolgen. Es war wie das
einstudierte Abklappern potentieller Schwachstellen. Noch war keiner
der Angriffe mit voller Kraft geführt. Doch sobald ein Durchkommen
gefunden war, würden sich die Hiebe dorthin konzentrieren.
Da - ein oberflächlicher,
aber schmerzhafter Stich in der Seite, lies Kosch kurz
zusammenzucken. Er sah das siegessichere Lächeln des Mannes, das ihm
zeigte, dass der Treffer nicht unbemerkt geblieben war.
Kosch wollte sich gerade
etwas weg drehen, als der Messerkämpfer dies scheinbar als Chance
sah. Mit zwei, drei schwachen, aber mit unglaublicher Schnelligkeit
geführten Angriffen zum Kopf, bereitete er den eigentlichen Stoß
vor. Kosch sah ihn nicht kommen, aber er ahnte ihn. Und das genügte.
Der Zwerg musste nur eine minimale Bewegung der Hüfte ausführen, um
die Stacheln der Rüstung in einer leicht anderen Richtung abstehen
zu lassen. Die verschiedenen Platten mit ihren Dornen und Spitzen
waren genau dafür gedacht, ein immer anderes Geflecht zu bilden.
Das Messer ging fehl,
rutschte ab und die Hand fand mit voller Wucht in die Stacheln. Der
Mann jaulte vor Schmerz laut auf, als seine linke Hand von mehreren
Dornen durchbohrt und wie festgepinnt wurde. Kosch drehte sich sofort
um die eigene Achse und riss die zerschundene Hand so mit. Der Mann,
der die ganze Zeit so viel Abstand gehalten hatte, wurde brutal an
Kosch heran gezogen und weitere Stacheln in frisches Blut getränkt.
Der Zwerg wechselte abrupt
die Richtung. Wie eine gespannte Feder spulte Kosch den Körper
seines Gegners wieder von sich. Damit nicht genug, lies er den Hammer
durch seine Hände rutschen und den Schwung aufnehmen, der nötig
war. Seine Finger griffen, wie von selbst, den Knauf ganz am Ende des
Griffs, um den schweren, eisernen Kopf in die richtige Bahn zu
lenken. Gerade, als die wohl auch sonst, lebenslang unbrauchbar,
gewordene Hand von den Stacheln rutschte, traf der Hammer mit voller
Wucht und begleitet von einem, für ungewohnte Ohren, ekelhaftem
Knacken und Schmatzen, in die Seite des Mannes. Für Kosch waren
dies die befriedigenden Laute, die ein Ende des Kampfes anzeigten.
Der Zwerg schaute nicht
einmal, ob sich der Mann, der weit an den Rand des Zimmers geschleudert
worden war, noch einmal erhob, sondern wendete sich direkt, dem
am Boden liegenden Jungen zu.
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