Mittwoch, 28. Dezember 2011

2. Kapitel Teil 11 - Zurück auf die Straße

Dareck war in der Zwischenzeit aufgestanden und hinter den Vorhang getreten. Als er kurz darauf wieder hervor kam, sagte er nur: „Ich denke, es wird Zeit, dass du wieder zu den Wagen gehst. Dein Vater wird sicherlich mit euch zur Eröffnungsansprache wollen.“
Melton nickte und lies sich von der Bühne herunterrutschen. „Sollen wir dir vorher noch was bringen?“
Dareck schüttelte den Kopf. Als Melton schon los laufen wollte, rief ihn der dunkle Mann, der vor wenigen Augenblicken so verletzlich gewirkt hatte, noch einmal zurück. „Melton, behalt bitte für dich, was ich gerade erzählt habe. Besonders gegenüber deinem Vater und deiner Mutter. Sie würden es nicht gutheißen, wenn sie davon erführen.“
Der Junge nickte zur Bestätigung. Erst als er bereits den halben Rückweg hinter sich hatte, fragte sich Melton, was Dareck eigentlich mit seinem letzten Satz gemeint hatte. Würden seine Eltern Darecks Vergangenheit, oder dass er davon erzählt hatte, nicht gut heißen?
Noch etwas später fiel ihm ein, dass er völlig vergessen hatte, nach dem Katzenwesen zu fragen.

* * *

Kelor wusste sofort, dass er wahrscheinlich wieder in Schwierigkeiten steckte. Und irgendwie hatte er auch eine Ahnung, mit wem das etwas zu tun haben könnte. Er hatte seinen freien Tag gehabt und diesen auch ausgiebig genutzt, nach der viel zu langen Nacht mit diesem verflixten Felsenschmetter. Naja, eigentlich war der Abend noch ganz unterhaltsam geworden. Der Zwerg kannte Lieder die selbst Alef die Schamesröte ins Gesicht getrieben hatten. Nachdem Kosch dann auch noch den Wirt und Kelor dazu genötigt hatte, selbst einmal den Drachenodem als Bierwürzsoße zu versuchen, war Alef von dessen Wirkung so begeistert, dass er ihm und dem Zwerg einige Runden seiner sonstigen Getränke spendierte und mit ihnen zusammen den Odem, in so ziemlich alles schüttete, was er da hatte. Doch die geschmackliche Verbindung mit einfachem Bier konnte mit nichts anderem übertroffen oder auch nur erreicht werden. An den restlichen Abend konnte Kelor, sich nur noch verschwommen erinnern.
Nachdem er am späten Morgen noch schnell seinen Bericht bei Chrasinius abgegeben hatte, konnte er danach tatsächlich in seinen freien Tag starten. Endlich kam er zu seinem so ersehnten Besuch im Badehaus und selbst den Markt und die Stände hatte er sich noch anschauen können.
Zurück in die Kaserne kam er dann erst wieder am frühen Abend, wo ihn bereits eine Nachricht von einem, ihm unbekannten Leutnant erwartete. Dies allein wäre eigentlich ungewöhnlich gewesen, da Kelor so gut wie alle anderen der Wachen kannte; als er aber am Siegel sah, dass es sich um den Zuständigen des Gefängnistraktes handeln musste, wunderte es ihn nicht mehr.
Die Kerkerwachen waren eine eigenständige Einheit, die von vielen, der anderen Soldaten gemieden wurden. Einige der Wärter hätten wahrscheinlich hinter den Gittern einen ebenso passenden Eindruck erweckt, wie als Wachen davor. Es war ein offenes Geheimnis in bestimmten Kreisen, dass der ein oder andere Inhaftierte mit dem richtigen Leumund, bzw. dessen Goldbörse, bereits nach wenigen Stunden, wegen einer „offensichtlichen Verwechslung bei der Festnahme“ entlassen wurde.

Er öffnete die Nachricht und las.


An Kelor, Mann der Stadtwache
bitte kommt zum Kerker unter der Weide. Einer der Insassen brachte euren Namen ins Spiel und ersucht um Eure Anwesenheit.

Chrostoph
Leutnant der Weide



Die Trauerweide, nach der der Stadtkerker benannt war, befand sich direkt neben dem Friedhof. Dort war auch der unterirdische Teil des Gefängnisses gelegen. Von den paar Fenstern des Zellentraktes, die noch oberhalb waren, hatte man einen guten Blick auf den Baum. Dies hatte einen besonderen Grund. Die Weide war ein großer und verkrüppelter, uralter Baum und gleichzeitig auch der Galgenbaum, an dem die zum Tode verurteilten Insassen aufgeknüpft wurden. Während der Feierlichkeiten waren selbstverständlich keine Hinrichtungen vorgesehen. Diese waren in Weißenburg von je her, eher selten. Trotzdem war der Bau derzeit mehr als gut gefüllt. - Solch ein Fest zog natürlich neben den gern gesehenen Gästen, auch allerlei Gesindel und Unruhestifter an.

Kelor hatte sich seufzend direkt wieder auf die Straßen begeben. Eine drückende Hitze lag noch immer über der Stadt. Für den Abend hatte er noch keine Pläne und die Neugier brachte ihn mit auf den Weg. Dieser Chrostoph hatte ihn nur bitten können, denn auch mit höherem Rang hatte er doch keine direkte Befehlsgewalt über ihn. Trotzdem war es üblicherweise ratsam, einen Offizier nicht zu lange warten zu lassen.

Tja, Weihnachten und eine fast schlaflose Nacht, mit Besuch im Krankenhaus hat den neuen Teil etwas verzögert. Ich hoffe, ihr seht es mir nach.
Da die Geburt unserer Tochter nun unmittelbar bevorsteht, kann es auch nächste Woche zu einer Verspätung kommen. Ich versuche aber mein Bestes. ;-)

Sonntag, 18. Dezember 2011

2. Kapitel Teil 10 - Dunkle Vergangeheit

Dareck spuckte auf den Boden, als ob er einen unangenehmen Geschmack los werden müsste.
„Wie meinst du das? Meinst du richtige... also, ich will sagen echte Magie?“ Der Junge war richtig überrascht; noch nie hatte jemand davon etwas erzählt.
Darecks Augen blickten ins Leere. Seine Gedanken schienen zu einem bestimmten Ereignis zurück zu kehren.
„Zauberei, Hexerei, Kräfte, Magie... alles dasselbe. Meine Mutter hatte so eine Fähigkeit. Sie konnte Dinge bewegen, allein durch ihre Gedanken. Nichts Großes, nur so, dass es reichte ein Blatt in der Luft tanzen, oder ein paar Schneeflocken sich im Kreis drehen zu lassen. Ich liebte das, als ich noch klein war. Doch irgendwann bekamen die Menschen scheinbar Angst. Nicht vor meiner Mutter, dazu waren ihre Kräfte viel zu gering. Doch gab es auch welche, die mehr, als nur ein paar Blätter um sich selbst wirbeln lassen konnten. Kannst du dir vorstellen Mel, dass jemand nur durch seinen Willen, einen so starken Wind entfacht, dass er sogar Menschen wegtragen kann?“ Melton schüttelte den Kopf. Das konnte er sich tatsächlich nicht vorstellen.
„Doch, so war es aber. Und das war nicht alles. Andere konnten Wasser aus der Luft erscheinen lassen. Eigentlich nichts Schlechtes, könnte man meinen, doch wenn das Wasser statt auf dem trockenen Feld, in deinem Hals entsteht, dann wird sogar etwas sehr Schlechtes daraus.“
Darecks Gesichtsausdruck war finster geworden, als er von dieser Zeit erzählte. Auch das Brot hatte er beiseite gelegt. Scheinbar war sein Hunger vergangen.
„Nur wenige hatten überhaupt diese Kräfte und noch weniger waren so mächtig, dass sie anderen damit Schaden konnten. - Doch es genügte. Die Menschen hatten Angst oder waren zumindest verunsichert, besonders die, die selbst bereits Macht, aber keine dieser besonderen Fähigkeiten hatten.
Es fanden sich Spürer, wie sie sich selbst nannten. Menschen, die zwar keine Effekte bewirken, aber dafür die Kräfte anderer irgendwie fühlen konnten. In kleinen Gruppen zogen sie durch die Lande und fanden diejenigen, die sie wahrscheinlich tief im Herzen eigentlich beneideten. Natürlich alles legitimiert und bezahlt von der Gerichtsbarkeit der Landesfürsten oder den Herrschaftshäusern. In manchen Gebieten gab es richtige Kopfprämien.“ Erneut spuckte Dareck aus.
„Aber war das denn nicht gefährlich, wenn es welche mit so mächtigen Kräften gab? Ich meine, die müssen sich doch gewehrt haben.“, hakte Melton ein.
„Oh, die wirklich Mächtigen haben das auch, das kannst du glauben, nur mussten auch sie irgendwann schlafen, denk ich mal. Aber die meisten Spürer haben sich natürlich erst einmal um die gekümmert, die nicht so gefährlich waren.“
„So wie deine Mutter, oder Dareck?“ Meltons Stimme war leise geworden bei dieser Frage.
„Ja, wie meine Mutter.“ Dareck versank erneut kurz in Schweigen.
„Die meisten wurden weggebracht, ich weiß nicht wohin. Manche kamen zurück, ohne dass sie je wieder ein Spürer behelligt hätte, andere blieben verschwunden. Keiner redete darüber. Mein Vater war im Winter zuvor am Fieber gestorben und meine Mutter wollte mich nicht allein zurück lassen. Es gab niemanden, der sich um mich gekümmert hätte. Sie flehte die Männer an, die mit dem ersten Licht des Tages in unser Haus gekommen waren. Sie wäre doch keine Gefahr. Doch das ließ die Männer kalt. Ob mit oder gegen ihren Willen, sie würden sie mitnehmen, hatte einer der Männer zu ihr gesagt. Wenn sie sich aber so Sorgen, um mich machen würde, könnte er ihr diese gerne abnehmen. Die anderen Männer quittierten das mit einem Lachen, als er mit seinem Messer auf mich zeigte. Und das war das letzte Mal, dass ich meine Mutter sah.“
Wieder kam es zu einem langen Moment des Schweigens. Melton hatten die Worte tief getroffen. Er konnte sich nicht vorstellen, wie das sein musste, seine Familie zu verlieren. Doch eine Sache musste er noch wissen:„Wann... ich meine, wie alt warst du da?“
„Ich war sieben.“
Nun verstand Melton, weswegen Dareck oft so griesgrämig und finster wirkte. Er hatte schon in jungen Jahren Schreckliches erlebt. Was er danach noch alles durchmachen musste, konnte der Junge nur erahnen. Melton hätte gerne mehr erfahren, aber er wollte Dareck nicht bedrängen. Er sah, dass es den Messerwerfer sehr bedrückte, darüber zu reden, auch wenn dieser von selbst damit begonnen hatte.
Darecks Erzählung hatte viele Fragen in Melton geweckt. Warum hatte er von diesen Dingen noch nie etwas gehört?
Wahre Magie. Und das nicht nur bei irgendwelchen Höllenwesen. Er musste unwillkürlich an das glutäugige Geschöpf denken, das Chester und auch beinahe Marius auf dem Gewissen hatte. Er konnte es kaum glauben. Woher kamen diese Kräfte und wie hatten sie – wie hatte Dareck es genannt – ausgemerzt werden können? Aber waren sie das wirklich? Straften die Ereignisse, von vor wenigen Tagen diese Aussage nicht Lügen?
Er musste unbedingt mit Syrill hierüber sprechen. Er war sich sicher, dass es sein Bruder jetzt bereuen würde, nicht mit ihm zusammen die Botengänge erledigt zu haben.

Bis in einer Woche.

Montag, 12. Dezember 2011

2. Kapitel Teil 9 - Erinnerungen

Der Nachmittag verging etwas zäh. Die beiden Brüder waren überwiegend mit Besorgungen für ihre Mutter beschäftigt und versorgten anschließend noch Marius mit Essen und Trinken. Dieser saß den ganzen Tag gelangweilt am Theater fest und achtete darauf, dass dort nichts weg kam oder beschädigt wurde.
Zum Abend hin fand sich die Truppe dann wieder an der Bühne ein, um das Publikum mit allerlei Kunststücken und Späßen zu unterhalten. Erneut ergriff der Zauber der Darbietungen, die Zuschauer und die Spenden fielen dementsprechend zufriedenstellend aus.
Während Syrill und Melton wieder für die Requisiten zuständig waren, glitt Meltons Blick immer wieder über die zahllosen Passanten. Doch nicht, wie am Vortag aus Faszination, sondern mehr geschuldet einer Mischung aus Besorgnis und Neugier. Er rechnete fast schon damit, dass jeden Moment das Katzenwesen bei ihrem Theater auftauchen und sie mit demselben intensiven Blick beobachten würde, wie heute Mittag die Kämpfer in der Arena. Er wusste nicht, warum ihn diese Vorstellung so sehr beunruhigte, aber sie tat es.
Selbst in der Nacht, in ihrem Wagen, dachte Melton noch, vor dem Einschlafen über das katzenartige Geschöpf nach. Er nahm sich vor, am nächsten Tag mit Dareck oder seinem Vater zu sprechen. Einer von ihnen hatte sicher schon einmal ein solches Wesen gesehen. Mit der unerklärlichen Gewissheit, dass mehr Wissen ihm das schlechte Gefühl nehmen würde, schlief er schließlich ein.

Tatsächlich bekam er schon früh am nächsten Tag Gelegenheit, allein mit Dareck zu sprechen. Syrill versuchte, sich mit Khalid eine Variation ihrer Hochseilkonstruktion einfallen zu lassen, was Melton jedoch nur für einen Vorwand hielt, um nicht wieder Botengänge für ihre Mutter erledigen zu müssen. Er konnte sich nicht vorstellen, was Syrill hier wirklich hätte beitragen können. Wäre ihm dies selbst nicht so gelegen gekommen, wäre er wohl böse auf seinen Bruder gewesen.
So nahm er es hin, dass er alleine durch die Gegend geschickt wurde. Seine Mutter zweifelte zwar kurz, ob es nicht doch etwas zu gefährlich sei, für einen der Jungen allein, doch Melton versuchte einen selbstbewussten Eindruck zu machen und überzeugte sie so schließlich. Immerhin waren sie die Straßen bereits gestern, mehrmals abgelaufen und sie schärfte ihm ein, keine eigenständigen Streifzüge zu unternehmen.
Aber das hatte Melton sowieso nicht vor. Er ging also auf direktem Weg zum Platz ihres Theaters, wo heute früh Dareck mit dem Aufpassen betraut war. Im Prinzip war es eine reine Vorsichtsmaßnahme von Hastor, der Angst hatte, jemand könne seine Konstruktion ausspähen. Dinge von materiellem Wert, waren außerhalb der Vorstellungen sowieso nicht in der Nähe der Bühne. Dementsprechend lax wurde die Morgenwacht auch gehandhabt, wie Melton feststellen konnte, als er mit frischem Brot und einem Krug Wasser bei Dareck eintraf. Dieser war gerade aufs intensivste beschäftigt, Freundschaft mit einer jungen Magd zu schließen. Melton kannte das schon. Er hielt sich diskret zurück und besah sich die Wagen in unmittelbarer Nähe. Als das Mädchen sich endlich verabschiedete, winkte der Messerwerfer Meton zu sich.
„Hättest ruhig herkommen können.“, meinte Dareck mit vollem Mund, nachdem er herzhaft abgebissen hatte. Melton winkte ab. Er setzte sich neben Dareck auf den Bühnenrand und lies die Beine baumeln. Irgendwie wusste er nicht richtig, wie er beginnen sollte. Aus Darecks Richtung kam noch der unverkennbare Geruch billigen Biers. Scheinbar hatte er eine kurze Nacht gehabt. Ein gutes Zeichen für ein lockeres Gespräch, wie Melton fand.
„Na, wie gefällt dir die Stadt?“, fragte Dareck plötzlich. „Ziemlich groß, hm?“
Der Junge nickte.
„Ich bin in so einer aufgewachsen, weißt du? Nicht ganz so groß, aber vergleichbar. War viel auf den Straßen zu Hause, gerade in deinem Alter.“
Melton sah ihn an. Davon hatte er noch nie erzählt.
„War eine harte Zeit, aber hat mich viel gelehrt. Hat meine Hände erst so geschickt gemacht, wie sie heute sind.“ Dareck zwinkerte ihm zu.
„Entschuldige, ich bin wohl gerade etwas rührselig. Aber dieses Weißenburg weckt irgendwie alte Erinnerungen.“ Dann nahm er einen großen Schluck aus dem Krug.
„Schon gut, erzähl bitte weiter. Wieso warst du auf der Straße?“ Melton versuchte das Gespräch am Laufen zu halten, auch weil es ihn interessierte, aus der Vergangenheit seines Freundes zu hören. "Was war denn mit deinen Eltern?"
Doch Dareck schwieg.
Sie saßen beide nur da und beobachteten die Passanten, die vorbei gingen. Gerade als Melton einen Versuch wagen wollte, das Gespräch wieder in Gang zu bringen, sprach Dareck weiter.
„Weißt du, es war alles anders damals, als die Spürer umgingen.“
Melton schaute ihn fragend an: „Spürer?“
„Ja, damals als die Magie verschwand.“ Melton machte große Augen.
„Naja, verschwand ist wohl der falsche Ausdruck... ausgemerzt trifft es besser.“

Tschuldigung, bin heute leider etwas zu spät dran. Ich hoffe aber, dass der Teil etwas dafür entschädigt. Weiter gehts in einer Woche.

Sonntag, 4. Dezember 2011

2. Kapitel Teil 8 - Ein Beobachter

Die Zuschauer auf den Rängen johlten und es dauert bei dem Lärm nicht lange bis weitere hinzukamen. Doch nicht nur Schaulustige wurden langsam aufmerksam. Erste Soldaten der Stadtwache kamen ebenfalls auf den Platz gestürmt, doch waren die erst einmal ratlos bei der schieren Menge, an vor Kraft strotzenden Kreaturen.
Erst als sich eine deutlichere, zahlenmäßige Überlegenheit eingestellt hatte und ein entschlossener Truppführer zum Einsatz rief, kam Bewegung in die Gerüsteten.
Das Publikum quittierte dies mit lauten Buh- und Schmährufen, doch als sich zeigte, dass die Wachen eher Farbe ins Spiel brachten, statt für ein zügiges Ende zu sorgen, schwang man schnell wieder zu Anfeuerungen um.
„Schau, jetzt geht er unter.“ Tatsächlich kam mit Meltons Ausspruch endlich, der hitz- und bisonköpfige Koloss zu Fall. Der Zwerg und drei Stadtwachen hatten sich auf ihn geworfen und niedergerungen.
An anderen Stellen erging es den Kämpfenden ähnlich. Die Wachen gingen meist zu zweit auf einzelne Kontrahenten, die sich noch immer in die Keilerei warfen. Die, die bereits mehrfach zu Boden gegangen waren, oder einfach genug hatten, zogen sich bereits aus dem Getümmel zurück, in Richtung der Ränge.
Erneut machten die Zuschauer ihrem Unmut zwar deutlich Luft, doch waren die Sprüche und Chöre immer wieder von lautem Lachen begleitet. Die meisten saßen bequem auf den Bänken und hatten einfach nur das Schauspiel genossen. Es war jedoch recht deutlich, dass dieses nun sein Ende fand. Außer Syrill und Melton stand nur noch ein weiterer Zuschauer ganz vorne und beobachtete das Geschehen augenscheinlich aufmerksam. Melton war zwar nicht aufgefallen, wie dieser, nur wenige Schritt neben ihnen, ebenfalls nach vorne getreten war, doch dafür blieb jetzt sein Blick an ihm hängen.
Solche eine Gestalt hatte er bisher noch nie gesehen, womit es ihm genau wie Meister Berelon, am Abend ihrer Ankunft erging. Ein katzenhaftes Wesen auf zwei Beinen mit rötlichem Pelz und dunklen Streifen. Das Gesicht hatte kaum menschliche Züge und die Haltung wirkte leicht angespannt, als wollte das Wesen jeden Moment nach vorn - und auf allen Vieren davon springen. Doch dies passierte nicht. Stattdessen ging das Katzenwesen am Rand der Tribüne herum, in Richtung der Männer, die sich gegenseitig auf die Ränge hochzogen und erschöpft Platz nahmen. Dort blieb das fremdartige Wesen stehen und schien dann, wieder konzentriert den Platz zu beobachten.
In der Zwischenzeit war an den meisten Stellen etwas Ruhe eingekehrt, wie Melton feststellte. So ziemlich alle Kämpfe waren beendet, doch dafür hatte sich in der Mitte eine kleine diskutierende Gruppe gebildet. Mehrere der Kraftwettkämpfer versuchten scheinbar den Wachen, die Ursache und den Hergang der Auseinandersetzung zu erklären. Den bisonköpfigen Hünen führten mehrere der Soldaten vom Platz und auch die Tribünen leerten sich bereits. Man ging scheinbar nicht mehr davon aus, dass hier noch etwas Interessantes geschehen würde.
„Was meinst du?“, fragt Syrill seinen Bruder. „Sollen wir uns auch auf den Weg machen? Die Sonne brennt ganz schön.“
Melton schaute nach oben und stellte fest, dass sie fast ihren Zenit erreicht hatte. Der Himmel war strahlend blau und es gab hier keinerlei Schatten, der etwas Schutz hätte bieten können. Er nickte und zusammen mit weiteren Zuschauern verließen auch sie, die Reihen der Holzbänke. Als sie die Straße wieder betraten, hatten die sich, in der kurzen Zeit, bereits weiter gefüllt. Sie gingen den Weg, der an der Tribüne entlang führte und ließen diese schließlich hinter sich.
„Ich glaub unser Theater befindet sich eine oder zwei Parallelstraßen weiter. Lass und hier rein gehen.“, und Syrill lenkte seinen Schritt in eine weniger gefüllte Seitengasse, deren Ende seiner Meinung nach, genau dorthin führen sollte.
Melton folgte ihm. Die Gasse war schmal und nur zwei jüngere Frauen, kamen ihnen entgegen. Diese tuschelten und wanden ihren Kopf immer wieder dorthin, woher sie kamen. Als die Jungen sie passiert hatten, sah Melton auch weswegen. In einigem Abstand vor ihnen ging das katzenartige Wesen. Ein merkwürdiges Gefühl überkam ihn, ohne dass er dieses einordnen oder erklären konnte. Beklemmung? Anspannung? Er wusste es nicht. Automatisch verlangsamte er seinen Schritt.
Syrill, der dies bemerkte, fragte ihn: „Was ist? Willst du mal austreten?“
Melton schüttelte nur den Kopf und machte dann eine kurze Bewegung in Richtung der Katze. Syrill folgte seinem Blick und sah gerade noch, wie das Wesen eine Tür öffnete und eines der Gebäude, innerhalb der Gasse betrat.
„Was denn?“
Melton wusste nicht, was er sagen sollte. Das komische Gefühl war noch da, aber er wollte es seinem Bruder gegenüber nicht zugeben. Er hatte Angst, dass dieser ihn auslachen oder der Meinung sein könnte, dass er nach den letzten Ereignissen überreagierte.
Stattdessen sagte er: „Nichts. Ich habe nur so ein Geschöpf noch nie gesehen.“
Syrill, der die Katze zuvor auf der Tribüne nicht bemerkt und auch jetzt nur von weitem gesehen hatte, zuckte nur mit den Schultern. Dann ging er weiter. Melton beeilte sich, zu ihm aufzuschließen, beäugte jedoch noch immer argwöhnisch das Gebäude. Im Vorbeigehen meinte er, eine leichte Bewegung, hinter einem der dunklen Fenster zu sehen, aber er war sich dessen nicht sicher. Dann tauchten sie wieder, in das rege Treiben einer der Hauptverkehrsstraßen und erreichten schon bald ihr Theater.

Wie ihr sicher schon festgestellt habt, findet ihr derzeit nur noch wöchentlich einen neuen Teil hier. Das liegt daran, dass ich etwas Zeit schinden möchte, da schon bald unsere Tochter kommen wird und ich dann noch etwas Text in der Hinterhand haben möchte. Zur Zeit schaffe ich es einfach nicht, mehr zu schreiben, als ich veröffentlichen möchte, weswegen das Textpolster deutlich dünner wird.
Den nächsten Teil findet ihr also im Lauf der Woche.