Dienstag, 30. August 2011

Prolog Teil 3 - Eine Wendung

Er erreichte sein Ziel, ohne weitere Zwischenfälle. Nachdem er sich erneut umgesehen hatte, stieg er durch das Fenster in das Gebäude. Alles war, wie er es verlassen hatte, bis auf das schwach zu vernehmende Plärren eines Kindes.
Schnellen Schrittes trat er zur Tür, die als einzige einen schwachen Lichtschimmer unter sich zeigte. Er wartete einen Moment, bis das Weinen nachließ und trat dann schnell ein. An der Szene hatte sich nicht viel verändert, die Luft war stickig und etwas wärmer als auf dem Flur. Das Feuer war noch immer nicht geschürt und auf der Lagerstatt lag die junge Frau. Doch sah sie erleichtert und glücklich aus. Die Beine noch für die Nachgeburt geöffnet, schien die Niederkunft gerade vorbei. An Ihre Brust gepresst hielt sie, in eine Decke geschlagen, ein kleines Bündel, welches sofort wieder zu schreien begann.
„Herr?“, zog er die Aufmerksamkeit der Anwesenden auf sich, die alle die Mutter mit dem Neugeborenen umringten.
„Hauptmann, ihr seid zurück. Welche Kunde bringt ihr uns?“
Er trat zu der Gruppe und berichtete. „Mein Herr, die Lage ist erschreckend. Einer meiner Männer wurde vor meinen Augen, lasst mich sagen hingerichtet!“
Er beschrieb was geschehen war und berichtete von der Gestalt, mit der er die Klinge gekreuzt hatte.
„Zu Asche sagt ihr? Mir deucht, unsere Gegner sind gefährlicher als ich annahm.“
„Kennt ihr diese Wesen? Wie soll unser weiteres Vorgehen aussehen? Ihr wisst, mein Schwert und mein Leben gehören euch, mein Fürst.“
„Das weiß ich, Hauptmann und mein Dank hierfür ist der eure. Aber nein, ich weiß nicht um was für Wesen es sich hier handelt. Wir sollten es auch vermeiden dies heute noch herauszufinden. Unser aller Sorge sollte nur dem Kind gelten. Wir können noch nicht sagen, ob wir die Prophezeiung abwenden konnten. Die Nacht war genau am Übergang zum Tag. Vielleicht hatten wir Glück. Vielleicht…“
Die Gedanken des alten Mannes schienen wieder abzuschweifen. Schnell entgegnete der Hauptmann: „Sire, unser Vorgehen? Soll ich euch aus der Stadt bringen? Was ist mit eurer Tochter und dem Kind?“
Gerade wollte der Ältere zu einer Erwiderung ansetzen, als er jäh von einem schmerzerfüllten Schrei seiner Tochter unterbrochen wurde. Erschrocken wandte er sich um.
Die junge Frau bäumte sich heftig, wie erneut von einer Wehe geschüttelt auf. Das Neugeborene wollte ihr schon aus den Armen gleiten, als die Amme es der gequälten Mutter kurzerhand abnahm.
Der Hauptmann, wie auch sein Gegenüber traten näher an das Lager. „Was hat Sie? Ich dachte das Schlimmste wäre überstanden?“
„Haltet das!“, erwiderte die ältere Frau in den einfachen Gewändern und drückte das Kind dem Hauptmann in die Arme. Sofort kniete sie sich nieder und betastete den Bauch der jungen Mutter. Mit milder Stimme sagte sie: „Es tut mir leid, mein Kind. Die Strapazen scheinen für euch noch nicht zu Ende. Ihr dürft heute noch ein Leben schenken.“
Wie zur Bestätigung ergriff erneut eine heftige Wehe die junge Frau.
Versteinert standen die Männer da. Eine Wendung, die so keiner von ihnen erwartet hatte. Der ältere Mann fasste sich als Erster wieder. „Hauptmann, wisst Ihr was das heißt? Dies könnte die Lösung für all unsere Probleme sein.“
Ratlos stand dieser nur da und blickte auf das kleine Kind in seinen Armen und dann wieder auf seinen Fürst, dem er so viel Respekt entgegenbrachte. ‚Wie sollte noch ein Kind die Lösung sein?’
„Hauptmann, versteht doch! Die Sonne ist längst erschienen. Die Nacht ist vorbei. Das zweite Kind kann unmöglich die Prophezeiung erfüllen. Wenn sie uns nur mit diesem Kind ergreifen, sollen sie doch mit allen Spürern und magischen Scharlatanen ihre Untersuchungen durchführen. Dieses Kind wird niemals in Gefahr sein. Sofern sie von dem Kleinen, welches ihr gerade in den Armen haltet, nichts erfahren, wird uns allen niemals etwas geschehen.“
Verstehen kam in den Schleier von Ereignissen, die sich in den Gedanken des Hauptmanns gerade wirr umkreisten.
„Bringt das Kind fort von hier, wo es niemand mit unserem Haus in Verbindung bringen kann! Wohin überlasse ich ganz euch. Meiner Tochter einziger Wunsch war, dass dem Kindchen nichts zustoßen solle. Wie könnten wir dies besser garantieren? Macht euch also auf. Wir werden hier ausharren, bis sie uns finden. Macht euch keine Sorgen.“
Von diesem Plan noch ganz und gar nicht überzeugt, wollte der Hauptmann gerade etwas erwidern, als ein berstender Laut aus einem anderen Teil des Gebäudes zu vernehmen war.
„Die Eingangstür. Sie sind hier. Geht! Schnell!“
Der Hauptmann zögerte nun keinen Augenblick mehr. Ohne ein weiteres Wort oder Blick zu einem der Anwesenden, verließ er schnellstens das Zimmer. Eilig folgte er dem Flur, das Neugeborene eng an sich gepresst. Hinter einer verrammelten Tür, die in den Raum des Hauseingangs führte, vernahm er Geräusche, die ihn noch schneller agieren ließen. Wie durch ein Wunder, blieb das Kleine an seiner Brust still und ruhig. Kein noch so leiser Laut drang über dessen Lippen. Aus dem Fenster am Ende des Flures hechtend, duckte er sich sofort in die Schatten. Das erneute Bersten einer Tür informierte ihn, wie knapp die Situation gewesen war.
Er eilte ohne weiteres Zaudern davon. Sich bewusst, dass das Kleine jederzeit seine ungewöhnliche Ruhe verlieren und jeden im Umkreis von dreihundert Fuß über ihre Anwesenheit informieren könnte, ließ er jegliche Vorsicht fallen und begann schließlich zu laufen.

Ohne zu wissen, was er nun eigentlich mit dem Kind anstellen sollte, wollte der Hauptmann nur noch die Stadt verlassen. Durch die Seitenstraßen hetzend, kam er der Stadtmauer immer näher. Beruhigend sprach er immer wieder auf das Kleine ein.
Ganze Truppen hatte er schon geführt, doch noch nie die Verantwortung für solch ein einzelnes junges Leben getragen. Selbst hatte er keine Kinder und war auch als Einzelkind aufgewachsen. So fehlte ihm jegliche Erfahrung und Sicherheit im Umgang mit dieser Situation. Trotz alledem, war ihm das unglaubliche Glück bewusst, dass das Kind nun scheinbar ausgerechnet an seiner Brust eingeschlafen war.
Das Armenviertel längst verlassen und im Hinterhof eines ihm bekannten Gasthauses, hielt er zum ersten Mal seit ihrer überstürzten Flucht inne. Während er seine Lage überdachte, fiel ihm auf, dass er weder den Namen, noch das Geschlecht des Kindes kannte. Er war wie selbstverständlich die ganze Zeit davon ausgegangen, dass es sich um einen Jungen handelte. – Warum, wusste er nicht.
Nachdem er die grobe Decke etwas zurück geschlagen hatte zeigte sich, dass ihn sein Gefühl nicht getrogen hatte. Vorsichtig zog er die Decke wieder zurecht. Eingehend betrachtete er das unschuldige Gesicht des neugeborenen Jungen. Für Kinder hatte er sich noch nie interessiert, sie waren ihm stets ein Gräuel. Dieses hier machte da keine Ausnahme. Er konnte die ganze Weiberwelt nicht verstehen, die kaum dass sie ein Kindlein in Tüchern sahen, stets in Verzückung gerieten.
‚Was tue ich hier nur?’ Er war ratlos. Noch nie hatte er sich so deplatziert und überfordert gefühlt. Wieder ging sein Blick zu dem Kleinen, als ob er hier die Antwort fände. - Er fand sie nicht.
Eine Schneeflocke schwebte hernieder und schmolz auf der Nasenspitze des Kindes. Den Kopf gen Himmel sah der Hauptmann, dass sich die Wolkendecke immer mehr geschlossen hatte. Vereinzelte, dicke Schneeflocken fielen nun vom Himmel und kündeten von mehr.
Er kam zu einem Entschluss. Mit etwas Glück war im Stall das Reittier des einen oder anderen Gastes zu finden. Er wickelte seinen Mantel noch enger um sich und das Kind. Die Schneeflocken fielen jetzt dichter und sollten nicht den Schlaf des Jungen stören. Noch immer war er sich der Gefahr, in der sie sich befanden bewusst.
Die schmale Eingangstür innerhalb des großen Stalltors war verschlossen. Ein gutes Zeichen, dass die Unterkunft nicht leer, sondern hier ein Pferd zu finden sein könnte. Er rüttelte leise an den großen Flügeltüren. Sie waren von innen mit einem Balken gesichert. Er zog sein Schwert. Während er mit seiner Schulter gegen eine der Türen drückte, stocherte er mit der Klinge in dem schmalen Schlitz, der sich bildete. Jetzt hing es nur davon ab, dass einer der Stallburschen nachlässig gewesen war und den Metallhaken mit dem normalerweise der Holzbalken gegen solch ein Manöver gesichert wurde, nicht umgelegt hatte.
Sein Herz machte einen Sprung als er spürte, wie sich der Balken bewegte. Es gelang ihm diesen ganz aus der Halterung zu heben und schließlich fiel er, mit einem dumpfen Schlag zu Boden. Ein Schnauben hinter dem Tor bestätigte seine weitere Hoffnung.

Der nächste Teil folgt am Samstag.

Samstag, 27. August 2011

Prolog Teil 2 - Der Posten

Auf den Stufen im Inneren des Gebäudes stand eine Laterne bereit, die der Hauptmann zuvor selbst zurückgelassen hatte. Er drehte den Docht etwas weiter heraus und folgte, im Schein der Lampe den Treppen, die ihn nach oben führten, bis er schließlich das Dach erreichte.

Mit Bedacht wählte er seine Schritte, um nicht durch das baufällige Konstrukt zu stürzen, was die Balken unter ihm mit leisem Ächzen quittierten.
Zusätzlich behindert von Schnee und Eis, kam er nur zögerlich voran bis er schließlich auf die andere Seite der Dachschräge gelangte.
Überrascht hielt er inne. – Hier sollte eigentlich einer seiner Posten die Stellung halten.
Geschickt waren sie so verteilt, dass sie sämtliche umliegenden Straßenzüge überblicken konnten. Doch statt einen seiner Männer zu finden, gähnte nur ein großes Loch in dem morschen Gebälk. Er ahnte Schlimmes für seinen Mann.
So schnell er konnte, bewegte er sich zurück zur Dachluke und schlich dann unsicher, durch den ihm unbekannten Teil des Gebäudes. Irgendwo im unteren Stock musste das Zimmer sein, wo der Sturz sein Ende gefunden hatte. Er wusste, dass die Zeit für seinen Herrn drängte, doch das Verantwortungsgefühl für seine Männer nötigte den Hauptmann zu diesem Vorgehen. Er war nicht umsonst so geachtet bei seinen Untergebenen.

Endlich fand er eine Tür, die sich nur schwer bewegen ließ. Irgendetwas auf der anderen Seite blockierte sie. Mit aller Kraft stemmte er sich gegen das Holz, doch erst nach etlichen Versuchen hatte er einen Spalt, groß genug geschaffen, sich hindurch zu zwängen.
Auf der anderen Seite empfing ihn Chaos. Zerstörtes Mobiliar mischte sich mit Schnee, Eis und Teilen der eingestürzten Decke. Durch das Loch über ihm, konnte er den bewölkten Himmel sehen, der schwach von der aufgehenden Sonne erhellt wurde.
Dann bewegte er sich weiter in den Raum hinein und ein leises Stöhnen ließ ihn aufhorchen. So schnell es der zerstörte Raum erlaubte, bewegte er sich auf die Stelle zu, aus der der Laut zu kommen schien.
Unter schweren Holzbalken eingeklemmt und von Schutt bedeckt, fand er schließlich seinen fehlenden Posten. Schlimm zugerichtet, aus etlichen Wunden blutend, lag er vor ihm.
Auf einem intakten Regal stellte der Hauptmann kurzerhand seine Lampe ab und kniete sich dann zu dem Verletzten. Der junge Mann war ihm bestens bekannt. Die meisten seiner Männer hatte der Hauptmann selbst ausgebildet; und dies war einer von ihnen.
“Nicht bewegen, Elor! Ich versuche dich zu befreien.”
Ein weiteres Stöhnen war alles, was er zur Antwort erhielt. Während er die ersten Teile beiseite wuchtete, redete er weiter auf Elor ein. Er konnte ihn nicht einfach so liegen lassen, nicht ohne zumindest versucht zu haben, ihn zu befreien.
“Wie bei allen Teufeln hast du das nur gemacht? Ihr wisst doch alle, wie baufällig die Dächer in diesem Drecksviertel sind.”
Das zersplitterte Gebälk riss ihm die Hände auf, während er Stück um Stück beiseite zerrte. So schnell er konnte, arbeitete er sich voran, immer wieder vom schmerzerfüllten Stöhnen seines verletzten Postens begleitet. Er hörte mehr, als dass er sah, wie der Atem Elors schneller und unregelmäßiger ging.
„Jetzt halt mir bloß durch! Wir haben es gleich geschafft.”
Ein plötzliches Geräusch ließ ihn herumfahren. Einen weiteren Einsturz befürchtend, drückte er sich instinktiv zurück an eine der Wände. – Doch es war kein Einsturz, der das Knacken verursacht hatte.

Ihm gegenüber in einer dunklen Ecke, konnte er zwei rot leuchtende Punkte ausmachen. Langsam schälte sich die zugehörige Gestalt aus den Schatten. Scheinbar hatte sie sich bereits die ganze Zeit in dem Raum aufgehalten. In einem dunklen Umhang, mit der Kapuze tief im Gesicht, sodass nur ein schmales, rot leuchtendes Augenpaar zu erkennen war, bewegte sich die Gestalt grazil über das Balkenwirrwarr auf den Hauptmann zu.
Mit einer Stimme, die vor Hohn troff, sprach diese: „Mit Verlaub, ich denke nicht, dass ihr es schafft.”
Plötzlich sah der Hauptmann Stahl aufblitzen und riss zur Antwort selbst seine Klinge hervor.
„Was soll das? Ich ermahne euch, haltet ein! Dieser Mann ist dem Tode nahe.”
Von einem kehligen Auflachen begleitet, bekam er zur Antwort: „Und wer denkt ihr, könnte dafür verantwortlich sein?”
Der jähe Angriff der Gestalt war mit bloßem Auge kaum zu erkennen. Reine Reaktion bewahrte den erfahrenen Hauptmann vor einer schlimmen Verwundung.
Sein Gegner war schnell. Stahl traf Stahl. Selbst einen Schlag ausführend, der eher dazu gedacht war, sich mehr Platz zu verschaffen, konnte er sein Gegenüber nun besser ausmachen.
Die Gestalt maß gut sechseinhalb Fuß und schien recht schlank. Bewaffnet mit einem schmalen, kurzen Schwert war sein Gegner in diesem engen Areal im Vorteil. Unter dem dunklen Umhang konnte er eine ebenfalls dunkle Lederrüstung ausmachen.
Sich gegenseitig abschätzend, bewegten sich die beiden Kontrahenten um den Schutt herum.
Der Hauptmann sprang vor. Doch mit einer eleganten Drehung parierte sein Gegner, um sofort selbst nach dem Hauptmann zu schlagen. Dieser duckte sich rettend unter einen der Balken, den die kurze Klinge stattdessen traf.
Schnell nutzte der Hauptmann die Situation und trat gegen einen wackligen Holzschrank. Wie beabsichtigt fiel dieser genau seinem Gegner entgegen. Sofort sprang er selbst auf den nun liegenden Schrank und hieb von dort auf sein Gegenüber hinab.
Tatsächlich gelang dem Hauptmann damit die erste Wunde. Wenige fingerbreit drang sein Schwert in die linke Schulter, worauf er sofort nachsetzte. Mehrere schnelle Schläge ließ er niederprasseln, als plötzlich ein erneutes Stöhnen von Elor zu vernehmen war.
Auch sein Gegner schien dies gehört zu haben. Die Chance auf einen eigenen möglichen Treffer opfernd, wirbelte dieser herum und hechtete förmlich zu dem, am Boden liegenden Verwundeten.
Bedrohlich hielt die Gestalt ihre Klinge auf den Hals des jungen Mannes gerichtet und erhob erneut die heisere Stimme. „Ich rate euch, das Schwert niederzulegen, solltet ihr weiterhin so um das Wohlergehen dieses jungen Mannes besorgt sein.”
Verzweifelt erwiderte der Hauptmann, mehr um um Zeit zu ringen: „Was sollte euch dann davon abhalten, erst ihm und anschließend mir die Klinge in den Hals zu bohren?”
„Nun, da habt ihr wohl recht.”
Und mit einer kurzen, raschen Bewegung drang das schlanke Schwert, von einem gurgelnden Geräusch begleitet, in Elors Lunge. Mit weit aufgerissenen Augen und vergebens schluckend, verließ schnell und qualvoll den jungen Mann das Leben.
Ein lang gezogenes, „Nein!” war alles was der Hauptmann noch erwidern konnte. Den besudelten Stahl herausgerissen, stand die Gestalt mit den rot glimmenden Augen nun herausfordernd vor dem erregten Mann.
„Warum habt ihr das getan?” Die Stimme des Hauptmanns bebte, er hätte nicht gedacht, dass diese Nacht solch einen Verlauf nehmen könnte.
„Nun, ihr wisst sehr wohl warum. Wenn euch nicht das gleiche Schicksal ereilen soll, dann sagt mir, wo sich eure Schützlinge verstecken!”
Doch mit Zorn in den Augen, führte der Hauptmann statt einer Antwort, einen wütenden Angriff aus. Ohne auch nur dem Versuch einer Parade zu begegnen, drang sein Schwert tief in die Brust seines Gegenübers.
Die Gestalt im Umhang stand nur da, das eigene Schwert noch immer fest in der Hand. Ihre Augen leuchteten immer heller, so dass fast schon der ganze Raum in Rot erstrahlte, als plötzlich das Wesen in Flammen aufging.
Während der Hauptmann zurückwich, hörte er noch ein zischendes „Ich hätte euch für klüger gehalten.”
Vor seinen Augen platzte die Haut seines Gegners auf und offenbarte das bloße Fleisch. Die roten Augen, die seinen Blick gebannt hielten, zerflossen wie heißes Wachs. Ohne einen Laut des Schmerzes zerfiel der brennende Körper in Windeseile zu Asche und verteilte sich im Raum. Nur die beiden Schwerter blieben zurück und fielen dumpf zu Boden.
Stumm und sprachlos stand der Hauptmann da. Solch ein Wesen war ihm nie zuvor begegnet – und er hatte schon viel erlebt. Auch mit so genannter Magie hatte er es schon zu tun, aber das...? Besonders die Augen, die bis zum Schluss seinen Blick gefesselt hielten, hatten sich deutlich in seine Erinnerung gebrannt. Er schüttelte die Gedanken ab.
Ohne Hoffnung kniete er sich erneut zu Elor. Wie erwartet war dessen Leiden vorbei. Nachdem er dem jungen Mann die Augen geschlossen und ein stummes Gebet gesprochen hatte, richtete er sich müde auf. Es blieb keine Zeit mehr, einen der anderen Posten aufzusuchen.
Schnell trieb es ihn zurück auf die Straße. Mit größter Vorsicht und Sorgfalt folgte er dem Weg zurück zur Geburtsstätte. Er wusste, dass er sich auf keinen Fall verfolgen lassen durfte. Nur wenige Querstraßen von seinem Ziel entfernt, beschlich ihn ein ungutes Gefühl, was ihn dort erwarten könnte.

Dienstag, 23. August 2011

Prolog Teil 1 - Geburt

Prolog

Die Sonne würde bald aufgehen und noch schien die große Stadt wie erstarrt. Außer den mageren Ratten in den dunklen Ecken, waren die zahllosen Gassen und Straßen gänzlich leer.
Seit Tagen hatte der Winter das Land fest in seinem eisigen Griff und die Wolken am Himmel verhießen erneuten Schnee.
Ein Gebäude, im Armenviertel gelegen, fügte sich nahtlos in die Reihe der anderen Behausungen ein. Nicht ganz so baufällig und etwas größer, als die restlichen Baracken in dieser Gegend, unterschied es sich jedoch im Wesentlichen durch seine Besucher.

„Ihr müsst es noch hinauszögern! Die Nacht ist noch nicht vorüber. Gebt ihr mehr Kräuter.” Die Stimme des alten Mannes zitterte bei diesen Worten.
„Ich weiß Herr, wir tun alles was in unserer Macht steht. Doch das Kind wird schon zu lange zurückgehalten. Es drängt geradezu in die Welt.“
Erneut von Zittern begleitet: „Das ist mir einerlei. Nicht in dieser Nacht.“ Dann leiser: „Nicht in dieser.“
„Zu spät Herr, es kommt. Seht.“
Der Raum war nur von wenigen Kerzen erhellt, die ein schwaches Licht verbreiteten. Trotzdem war der Schrecken des älteren Mannes in seinen Augen klar zu erkennen. „Vergebens, dann war alles vergebens.”
Von Gram übermannt, taumelte der grauhaarige Mann ein paar Schritte zurück, bis er an die Zimmerwand stieß. Verzweifelt ließ er sich daran niedersinken und starrte in die letzte Glut der Holzscheite. Die Feuerstelle neben ihm gab nur noch mäßig Wärme ab, die Flammen waren schon längst verloschen.
Die alte Amme, die zwischen den Beinen ihres Schützlings kniete, wandte sich ihr wieder zu und begann Anweisungen zu geben.
Auf einem Lager aus Decken lag schweißüberströmt eine junge Frau. Ihr langes Haar klebte ihr strähnig im Gesicht. Die Anstrengungen der Nacht waren ihr deutlich anzusehen und schienen in diesem Moment ihren Höhepunkt zu finden. Ein lautes Stöhnen drang über ihre Lippen.
Eine zweite Amme, die neben der jungen Frau saß, hielt deren Hand und versuchte ihr damit Kraft zu geben. Mit der anderen Hand strich sie immer wieder der werdenden Mutter die Haare aus der Stirn.
“Ihr dürft es nicht mehr zurückhalten Herrin! Der Kopf ist schon da. Ihr müsst mit der nächsten Wehe pressen. Hört Ihr? Pressen!”

Plötzlich wurde die einzige Tür des kleinen Raumes aufgestoßen und ein Bewaffneter kam schnellen Schrittes herein. Kalte Luft mit sich herein tragend, trat er zügig vor den noch immer am Boden verharrenden Mann.
„Mein Herr, ich erhielt soeben Kunde, dass die Stadt durchkämmt wird. Man sucht nach ihr.”
Den Blick noch immer auf die Glut gerichtet, drangen die Worte nur langsam zu dem alten Mann vor. Seine Gedanken kreisten noch immer, um die nicht mehr aufzuhaltenden Ereignisse.
„Was sagtet ihr, Hauptmann?” Er richtete sich schwerfällig auf und schien, den Neuankömmling erst jetzt richtig wahrzunehmen.
„Die Straßen werden durchkämmt. Man wird auch hier bald sein. Meine Posten melden mir, dass die Zeit drängt.” Schnell und eindringlich sprach der Hauptmann, während er die Lage erläuterte. „Kreuz und quer bewegen sich die Gruppen unabhängig voneinander durch die Gassen. Die Gewandung ist nicht bekannt und sie scheinen auf den ersten Blick kein bestimmtes Ziel zu verfolgen – ja, fast nicht aufzufallen. Doch ihr Weg führt eindeutig zu euch.”
„Dann tut wie besprochen. Kommt danach so schnell als möglich wieder zurück. Unser Vorhaben nimmt eine neue Wendung.”
Der Hauptmann drehte bei diesen Worten, zum ersten Mal seit seinem Eintreffen, den Kopf zum Lager der jungen Frau und erkannte erst jetzt, dass die Geburt in den letzten Zügen lag.
„Ay, mein Herr.”
Zügig eilte er zur Tür, als er plötzlich zurück gerufen wurde. Er wandte sich erneut zur Feuerstelle.
„Hauptmann, habt Dank für das was ihr hier tut.”
Dieser nickte nur kurz, drehte sich um und verließ den Raum.

Der Hauptmann beeilte sich, aus dem stickigen Flur zu gelangen. Er benutzte denselben Weg, den er auch gekommen war – nicht zur Vorderseite, sondern über ein Fenster in eine Seitengasse hinaus.
Noch lag sein Weg dunkel vor ihm, doch am Himmel konnte er bereits das erste Dämmerlicht des Morgens erkennen, das sich seinen Weg durch die dichten Wolken bahnte. Er konnte nicht anders, als innerlich verbittert aufzulachen. Wie knapp war ihre Hoffnung doch gescheitert, der Nacht zu entgehen.
Schnell eilte er weiter und trotz des leichten Kettenhemds und der schweren Stiefel, die er trug, waren seine Schritte im Schnee sicher und leise.
Der kalte Wind, der ihm ins Gesicht blies, trieb ihm Tränen in die Augen. Er zog seinen dunkelgrauen Winterumhang enger um sich, doch die beißende Kälte blieb.
So setzte er seinen Weg fort, bis er an eine Kreuzung gelangte. Vor ihm lag offen und übersichtlich eine etwas breitere Straße. Erst die Gasse auf der anderen Seite bot wieder Schutz vor unerwünschten Blicken.
Schon wollte er losgehen, als ihn eine kurze Bewegung innerhalb seines geplanten Weges inne halten ließ.
Eine Ratte rannte aus der gegenüberliegenden Gasse direkt auf die kreuzende Straße, als wäre sie von etwas aufgescheucht worden. Der erfahrene Kämpe presste sich enger an die raue Hauswand und wartete.
Er starrte angestrengt über die Straße, um etwas ausmachen zu können. Die Breite der Straße war gerade so bemessen, dass zwei Wagen ungehindert aneinander vorbei konnten. Tiefe Rillen in dem steingepflasterten Boden zeigten an den wenigen schneefreien Stellen, dass es sich hierbei um eine tags viel befahrene Strecke handelte. Es war eine der wenigen Verbindungsstraßen, die dieses fast gänzlich abgeschottete Viertel mit den anderen Bezirken verband. Etliche Augenblicke wartete er ab und zwang sich zur Geduld. Immer wieder bildete sein Atem leichte Nebelwölkchen in der kalten Nachtluft. Er war sich schon sicher, dass der Weg frei und ungefährlich sein könnte, als er zwei schmale rot leuchtende Punkte in der Gasse gegenüber wahrnahm.
Innerlich fluchte er, zog sich dann jedoch, so vorsichtig es ihm möglich war, in seine Gasse zurück. Er wusste nicht, was ihn auf der anderen Seite erwartete, doch er wollte es in diesem Moment auch nicht herausfinden. Die Not des Moments zwang ihn zu einem anderen Vorgehen. Einem Umweg folgend kam er endlich, ohne weitere Zwischenfälle, an sein Ziel – ein Kellerfenster in einem kleinen, verdreckten Hinterhof.

Alles hat einen Anfang...

so auch meine Geschichte.

Begonnen habe ich diese, soweit ich mich erinnere, bereits im Jahre 2005. Der Stil war damals noch sehr ungeschliffen und ich habe über die Jahre hinweg, immer wieder meinen Text überarbeitet. Ich kann natürlich nicht sagen, dass die Geschichte oder mein Stil nun bereits so sind, wie sie bleiben werden, doch habe ich ein recht gutes Gefühl dabei.

Trotzdem bin ich natürlich für Feedback dankbar und freue mich darauf, meine Geschichte von einem etwas größeren Publikum lesen zu lassen.

Im Rahmen dieses Blogs, möchte ich euch nun in regelmäßigem Rythmus zwei mal pro Woche meine Geschichte Stück für Stück präsentieren. Derzeit umfasst sie knapp 60 DIN A 4 Seiten im Word Format. Das Veröffentlichen soll mir auch helfen, einen gewissen Druck aufzubauen um etwas Geschwindigkeit in die Schreiberei zu bringen, denn ich empfinde 60 Seiten in 6 Jahren als nicht gerade wünschenswert. Ich werde also parallel zum Veröffentlichen weiter schreiben und versuchen pro Woche ein gutes Stück voran zu kommen, um euch hier immer wieder neuen Stoff anbieten zu können.

Nun aber Vorhang auf für die Morgendämmerung.